Hass, Mord, Vaterland: „Patria“ von Fernando Aramburu 4Literatur & Kolumnen | 13.05.2018 | Dominik Bloedner

Bumm, bumm, feige Schüsse aus dem Hinterhalt. Txato liegt in seinem Blut, vor seiner Haustüre, in seinem Dorf, hingerichtet von den fanatisch-nationalistischen Killern der ETA, einer von mehr als 800 Toten in der blutigen Geschichte dieser Bande.
Dabei ist Txato, der Fuhrunternehmer, der die sogenannte Revolutionssteuer nicht zahlen konnte und wollte, doch einer von ihnen: „Verdammt; sagen sie denn nicht, sie kämpfen für das baskische Volk? Wenn ich nicht baskisches Volk bin, dann möchte ich wissen, wer es ist“, fragte er seine Frau ein ums andere Mal.

Fernando Aramburu, 1959 in San Sebastián geboren und seit 30 Jahren in Hannover lebend, zeichnet in „Patria“ das seelische Protokoll zweier Familien nach. Wie sie sich entfremden, wie Misstrauen und Missgunst Freundschaft verdrängen, wie für die einen das Leben zur Hölle wird in diesem kleinen, kleingeistigen Dorf. Doch Schuldzuweisungen vermeidet Aramburu, auch geht es ihm nicht um die politische Analyse des Konflikts.

Ihm ist ein sehr dickes und sehr kurzweiliges Buch voller Empathie gelungen, eine Geschichte aus der Perspektive der kleinen Leute, die unter der großen Politik leiden. Angesichts der gegenwärtigen Posse in Katalonien, wo sich einige an ihrem Katalanentum berauschen, wo in Dörfern Menschen ausgegrenzt werden, wo Hass geschürt wird, ist „Patria“ hochaktuell, hochpolitisch und wichtig.

Patria
von Fernando Aramburu
aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen
Verlag: Rowohlt, 2018
768 Seiten, gebunden
Preis: 25 Euro