Büffeln und Baby: Zwei Paare erzählen vom Balanceakt STADTGEPLAUDER | 28.10.2017

Studieren, das riecht nach Freiheit und Abenteuer. Und wenn plötzlich ein Baby da ist? „Geht trotzdem”, sagen zwei verheiratete Freiburger Paare Anfang 20. Sie erzählen von der Freude am Kind – und dem Leid mit den Behörden. An der Uni wurde ein Referat für Studierende mit Kind gegründet.

Auf verwinkelten grünen Wegen geht es durch die Vauban. Dann: ein ziemlich heruntergekommenes Kasernengebäude. An der Tür eine leise Begrüßung, Raphael, zehn Monate, ist gerade eingeschlafen. Er liegt mitten auf dem Elternbett – alle viere von sich gestreckt. Aus der winzigen Küche duftet es nach frischem Kaffee.

„Wir haben nochmal eine Verlängerung für die Wohnung beantragt”, sagt Bianca. Sie studiert an der Pädagogischen Hochschule (PH) und schreibt gerade ihre Zulassung. Da sie bereits einige Jahre im Studentendorf der Vauban wohnt, müsste sie demnächst ausziehen. „Wir hoffen, dass wir wenigstens noch ein Jahr hier bleiben können”, sagt Ian. Ein Umzug wäre kompliziert: finanziell und zeitlich.

Solche Sorgen haben Raphaela und David nicht. Sie wohnen mit Leonore, 14 Monate, in einer Dreizimmerwohnung in der Studentensiedlung am Seepark. In ihrem Haus sind hauptsächlich Studierende mit Kindern untergebracht, was die beiden angenehm finden.

Als Raphaela schwanger wurde, wohnte sie noch mit Freundinnen in einer WG: „Alles lief richtig gut, ich war super glücklich”, erinnert sie sich. Die Freude über das Kind war groß. „Aber es gab schon auch so ein paar Momente, in denen ich dachte: ‚Oh man, das Leben wird mal wieder ganz anders laufen, als ich es eigentlich geplant hatte.’”

Studieren mit Kind: Raphaela und David Schalk mit Leonore.

Auch Raphaela studiert an der PH in Freiburg und David im zweiten Semester Germanistik und Geschichte an der Uni. „Es ist schon so, dass wir alles schaffen”, sagt er. Schnell sei ihnen klar gewesen, dass das Kind oberste Priorität habe. „Das mit dem Studium bekommt man auch so ganz gut hin”, sagt David. „Ja”, ergänzt Raphaela: „Bevor Leonore auf der Welt war, habe ich mir immer total den Stress gemacht, von wegen ich muss das jetzt alles möglichst schnell auf die Reihe bekommen.” Seit der Geburt mache sie sich keinen Druck mehr. „Denn ich weiß, ich werde jetzt eh länger brauchen.”

Wann sie mit dem Studium fertig wird, ist ihr inzwischen relativ egal: „Es ist ja mein Leben. Sollen die anderen denken, was sie wollen.”

Vor dem Studium machte David eine Ausbildung zum Elektriker – und war meist erst spät zu Hause. „Heute Mittag hat Leonore ihre ersten Schritte gemacht – sowas live mitzuerleben ist echt schön”, schwärmt er. Man müsse als junge Eltern zwar einige Ansprüche zurückschrauben: „Jeden Abend weggehen geht jetzt halt nicht mehr.” Verglichen mit dem Leben ohne Kind sei es aber kein großer finanzieller Mehraufwand. Kleidung oder Kinderwagen gebe es schließlich auch gebraucht.

Die vier jungen Eltern wollen anderen Studenten Mut machen, sich auf Kinder im Studium einzulassen. „Eine gute Organisation im Alltag ist das Allerwichtigste”, sagen sie. So stimmen die beiden Paare am Anfang des Semesters ihre Stundenpläne aufeinander ab. Sowohl die PH als auch die Uni ermöglichen ihnen, bei Überschneidungen kurzfristig Veranstaltungen umzulegen. So kann immer jemand beim Kind bleiben.

Während David und Raphaela ihre Tochter bereits einige Male mit zur Uni oder PH genommen haben, findet Bianca, dass ihr das nicht so viel bringt: „Ich bin dann in der Vorlesung mit meiner Konzentration zu 50 Prozent bei Raphael”, sagt sie. Und sie wolle die anderen nicht stören. Jederzeit willkommen mit Kind im Hörsaal fühlen sich jedoch alle drei gleichermaßen.

Studieren mit Kind: Bianca und Ian Werum mit Raphael.

Nur Ian hatte seinen Sohn noch nie dabei: „Wahrscheinlich würde ich etwas schief angeschaut werden”, sagt er. Es sei ungewöhnlich, im zweiten Semester Jura überhaupt ein Kind zu haben.

Alle vier sehen vor allem Vorteile im jungen Elterndasein. Allerdings, so Raphaela: „Das Riesenbürokratieding ist echt hart.” Die Rennerei sei nicht zu unterschätzen. Für einen Antrag bei einem Amt brauche man meist Unterlagen von verschiedensten Stellen. Die Öffnungszeiten seien nicht ausreichend. So kosteten Behördengänge viel Aufwand und Energie.

Einer der schönsten Nebeneffekte sei, dass ihre Kinder zu beiden Elternteilen ein gleich gutes Verhältnis haben. „Naja, bis auf das Stillen vielleicht”, scherzt Raphaela. David ergänzt: „Seine Kinder während des Studiums zu bekommen, ist schon ganz schön cool.”

Text: Katinka Marsden / Fotos: © Katinka Marsden; unsplash.com