Im Roman von Juli Zeh regieren rechte Ideologen in Deutschland Kultur | 11.05.2018 | Lars Bargmann

Deutschland, 2025. Nach Merkel regiert die rechte BBB, die Besorgte Bürger Bewegung.

In die Szenerie von Überwachungsstaat und Gleichgültigkeit, Egozentrik und Entmündigung stellt Juli Zeh – 50 Jahre nach 1968 – radikal entpolitisiertes Personal auf die Bühne. Britta und Babak etwa. Sie gefühlskalt und erfolgreich, er ein IT-Nerd aus dem Irak. Sie verheiratet mit Töchterchen, das nur die mangelhafte Mütterlichkeit der Mutter zeigt, er fischt Selbstmordkandidaten aus dem Netz. Die beiden betreiben die „Brücke“. Vorneherum eine Heilanstalt für Suizidale, hintenrum eine Gelddruckmaschine, weil sie Terrornetzwerken oder Öko-Radikalen geprüfte Selbstmord­attentäter liefert. Zum guten Plot des Romans gehört, dass am Leipziger Flughafen zwei Attentäter aufkreuzen, die nicht über die „Brücke“ gegangen sind. Neue Konkurrenz auf diesem bizarren Markt: die „empty hearts“ bedrohen das Geschäftsmodell.

Neben dem sehr dominanten Handlungsstrang gibt es auch Szenisches: Britta, ihr Mann Richard, das befreundete Pärchen Janina und Knut am Tisch: „Habt ihr gehört, dass die UNO aufgelöst werden soll“, fragt Knut. „Völkerrechtlich klingt das auch irgendwie nach 20. Jahrhundert“, sagt Janina. Im Cinema des Zynismus ist das großes Kino.

Zeh will der Gesellschaft den Spiegel vorhalten, das bleibt aber unvollendet.

Leere Herzen
von Juli Zeh
Verlag: Luchterhand, 2017
352 Seiten, gebunden
Preis: 20 Euro