Vertrackte Situation beim Stubenareal: Rathaus muss nun mit offenen Karten spielen Szene | 19.05.2018 | Lars Bargmann

Am 1. Februar, vor dreieinhalb Monaten, feierte die Rathausspitze mit Oberbürgermeister Dieter Salomon, dem damaligen Finanzbürgermeister Otto Neideck und Baubürgermeister Martin Haag den Spatenstich für den Umbau des Stubenareals in St. Georgen zum Kultur- und Vereinshaus.

Passiert ist auf der Baustelle bisher nichts. Hinter den Kulissen geht es derweil wild zu. Die Stadtverwaltung schaufelt die Schuld für die Verzögerung auf die Seite der Baubranche. So habe es überhaupt nur ein Angebot für die Rohbauarbeiten gegeben und das sei deutlich teurer als taxiert. Die Wahrheit ist: Es hat zwei Angebote gegeben, eines liegt bei knapp 1,2 Millionen Euro, das andere bei gut 1,3 Millionen. Also nicht weit auseinander. Die Stadt aber hatte nur 837.000 Euro kalkuliert. Es spricht alles dafür, dass der Fehler in der Kalkulation und nicht bei den Angeboten liegt.

Salomon hatte dem Gemeinderat am 24. April nur von einem Angebot berichtet. Rathaussprecher Toni Klein spricht auf chilli-Nachfrage von einem „Missverständnis“. Für ein anderes ausgeschriebenes Gewerk habe es nur ein Angebot gegeben. Maßgeblich sei aber der Kern der Botschaft: „Das günstigste Rohbau-Angebot lag 43 Prozent über dem bepreisten Leistungsverzeichnis.“

Mitte März hatte Liegenschaftsamtschef Bruno Gramich erstmals die chilli-Informationen dementiert, wonach die Kosten in St. Georgen aus dem Ruder laufen. Mittlerweile liegt der Redaktion nicht nur der Vermerk des städtischen Vergabemanagements mit den beiden Angeboten vor, sondern auch der Statusbericht eines externen Controllers. Der ist datiert auf den 19. Februar. Schon darin heißt es, es sei „abzusehen“, dass die Angebote nicht den vorgegebenen Budgetrahmen und auch nicht die bepreisten Leistungsverzeichnisse einhalten können.

Vergabegewinne in anderen Gewerken seien bei aktueller Marktlage auch „nicht zu erwarten“. Die „realistischen Projektkosten“ lägen bei 8,1 Millionen Euro. Das sind knapp zwei Millionen Euro mehr, als der Gemeinderat genehmigt hatte. Sollte sich die Ausführung weiter verzögern, so der Controller, sei pro Jahr noch einmal mit einer Steigerung der Baukosten von drei Prozent – das wären 240.000 Euro – zu rechnen.

Das Liegenschaftsamt wusste mithin spätestens zu diesem Zeitpunkt, dass die von der Stadtverwaltung taxierten Kosten das Problem sind. Und nicht die Anbieter. Aus dem Bericht hätten sich, heißt es aus dem Rathaus, „noch keine abschließenden Folgerungen für das weitere Vorgehen ergeben“. Klein bestätigt auch, dass das Rathaus Ende April die Ausschreibung für die Rohbauarbeiten einfach wieder komplett zurückgezogen hat, damit die Stadt als Auftraggeber „auf die veränderte Kostensituation reagieren kann“.

Es gibt dabei im Grunde nur zwei Möglichkeiten: Entweder mit dem Bürgervereinsvorsitzenden Martin Maier Klartext reden, dass das ursprüngliche Projekt um zwei Millionen Euro abgespeckt werden muss. Oder erneut den Gemeinderat überzeugen, dass er für den Umbau noch zwei weitere Millionen draufpacken muss. 8,1 Millionen Euro für einen Umbau – das muss man mögen. Mit dem Geld könnte man durchaus was für den allgegenwärtigen preiswerten Wohnungsbau machen. Denn darauf wird die Debatte hinauslaufen: Ohne Geld aus dem städtischen Haushalt wird der soziale Mietwohnungsbau weiter nur im Schneckentempo vorankommen. Der Gemeinderat muss irgendwann entscheiden, wie wichtig ihm das ist und was dafür an anderer Stelle nicht gemacht wird. Sicher ist schon heute: Der Zeitplan des gemeinderätlich beschlossenen Umbaus, wonach auf dem Stubenareal bis zur Sommerpause 2019 alles fertig sein sollte, ist nicht mehr zu halten. 

Unsere jüngste Geschichte zum Thema lesen Sie hier:
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