Lagwagon im Jazzhaus: Punkrock nach Knigge 4Event | 24.06.2022 | Pascal Lienhard

Lagwagon

Nach dem letzten Akkord bestimmen nasse Shirts und zufriedene Gesichter die Szenerie vor dem Jazzhaus. In den vergangenen 75 Minuten haben Lagwagon den gut gefüllten Keller zur Sauna werden lassen. Mit einer ordentlichen Portion Spielfreude beweisen die Kalifornier, was manch übermütiger Jungspund nicht wahrhaben will: Für Punkrock ist man nie zu alt.

Die Kalifornier von Lagwagon gehören zu den Bands, die jeder in der Punkrockszene kennt. Wer in den 90ern etwas für Gitarrenmusik übrig hatte und gerne aufs Skateboard gestiegen ist, hat mit Sicherheit schon mal einen Song der vor mehr als 30 Jahren gegründeten Formation gehört. Der Erfolg von Genrekollegen wie Offspring oder Green Day war ihr gleichwohl nie gegönnt. Dennoch – oder gerade deshalb – haben die fünf Jungs sich ihre treue Anhängerschaft erhalten. Auch in Freiburg.

Wer einen Punkrock-Knigge schreiben will – und sich weder vor groben Verallgemeinerungen noch der Abneigung der Fanschar vor Regeln scheut – findet im Jazzhaus ausreichend Material für seine Recherche. Für den Großteil der Besucher gehören schwarze Band-Shirts zum guten Ton. Sobald die Band die Bühne entert, wird mitgegrölt, getanzt und gemosht. Gegen Ende springen immer wieder Fans auf die Bühne, um direkt zurück in die Menge zu hopsen.

Nach mehreren Besetzungswechseln sind heute nur noch Sänger Joey Cape und Gitarrist Chris Flippin von der Lagwagon-Urbesetzung dabei. Aber auch Gitarrist Chris Rest und Drummer Dave Raun sind schon seit den 90ern im Boot, Bassist Joe Paposo hat den Job seit 2010. Ihnen allen ist die Spielfreude anzumerken. Man weiß gar nicht, wer wen mehr anheizt – die Fans die Band oder andersherum.

Lagwagon

Gitarrist Chris Rest spielt seit 1997 bei Lagwagon

Das Quintett ist sich seiner Stärken bewusst und serviert Klassiker. Es sind gerade die Songs aus den 90ern und den frühen Jahren des neuen Jahrhunderts, die für Begeisterung sorgen: „Violins“, „E Dagger“, „To all my friends“ oder „Alien 8“ bringen die Stimmung zum Kochen. Man könnte der Band zwar vorwerfen, es sich etwas zu sehr auf ihren Lorbeeren bequem zu machen. Aber warum auch Experimente wagen, wenn das Publikum von der ersten Minute an so mitgeht?

Immer wieder schieben sich durchgeschwitzte Fans aus dem Pulk vor der Bühne nach hinten, um frische Luft zu schnappen. Nach drei Zugaben, Fan-Favorit „May 16“ inklusive, ist das Punkrock-Klassentreffen vorbei. Also ab nach draußen – in den Regen. Macht nichts, es sind eh alle nass.

Fotos: © Pascal Lienhard