Film-Tipp: Zeiten des Umbruchs 4Film | 22.11.2022 | Erika Weisser

Zeiten des Umbruchs Promo

Als Ronald Reagan 1980 zum US-Präsidenten gewählt wird, lebt der elfjährige Paul im New Yorker Stadtteil Queens in einer jüdischen Mittelschichtfamilie. Diese ist, obwohl  bereits in dritter Generation in den USA, noch immer mit dem sozialen Aufstieg beschäftigt. Oder eher damit, nicht abzusteigen – in die Nähe des gesellschaftlichen Niveaus von Pauls Urgroßeltern, die Anfang des 20. Jahrhunderts vor den antisemitischen Pogromen aus der Ukraine geflüchtet waren.

Entsprechend streng, leistungsorientiert und überbehütend besorgt sind die Eltern, die es sich zu ihrem Bedauern nicht leisten können, ihre beiden Söhne an eine private Prep School zu schicken, wo die Sprösslinge gut situierter Familien auf ihr College-Studium vorbereitet werden. Dabei will Paul gar nicht studieren, sondern Künstler werden, doch das akzeptieren die Eltern nicht. Nur der liebe- und verständnisvolle Großvater Aaron nimmt den Jungen ernst – bei all seinen Sorgen und Nöten, in sämtlichen Lebenslagen.

Anders als der ältere Bruder Ted geht Paul also in eine öffentliche Schule, wo er zu Beginn des sechsten Schuljahrs auf Johnny trifft, der die Klasse wiederholt. Die beiden freunden sich rasch an. Dabei stellt Paul bald fest, dass Johnny für die Clownerien, die sie zusammen anstellen, vom Lehrer deutlich strenger getadelt wird als er selbst: Johnny ist der einzige schwarze Junge in der Klasse; er wird nicht nur vom Lehrer, sondern auch von den Mitschülern rassistisch beleidigt – wogegen Paul jedoch nur wenig unternimmt. Einzig Aaron mahnt ihn, nicht zu schweigen: „Be a Mensch“, sagt er ihm – im jiddischen Sinne: jemand, der rechtschaffen und tapfer ist, der nicht wegsieht, wenn anderen Unrecht geschieht.

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Nach einem Vorfall – die beiden Freunde büxen aus und werden schließlich mit einem Joint erwischt – wird Paul doch noch in eine blütenweiße Eliteschule gesteckt; Opa Aaron ließ seine Beziehungen spielen. Doch dort kommt der sensible und verträumte Junge überhaupt nicht zurecht. Nicht mit der Arroganz, nicht mit der angeblichen, als völlig selbstverständlich angenommenen Überlegenheit der Weißen.

James Gray ließ sich bei diesem Film von seiner eigenen Kindheit inspirieren. Er wuchs in denselben familiären Verhältnissen auf wie Paul, er lebte im selben Stadtteil, der damals vom skrupellosen Immobilienunternehmer Fred Trump gentrifiziert wurde. Er herrschte nicht nur im Stadtteil: Donald Trumps Vater war auch Vorsitzender des Fördergremiums der Cew-Manor-School, der Schule seines Sohnes – und von James Gray und dessen Alter Ego Paul.

Ein Familiendrama in der Brutstätte des künftigen Trumpismus – es spiegelt im Kleinen, wohin das ganze Land Jahre später steuern wird.

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Zeiten des Umbruchs
USA 2022
Regie: James Gray
Mit: Banks Repeta, Anthony Hopkins, Anne Hathaway, Jaylin Webb, Jeremy Strong u. a.
Verleih:Universal 
Laufzeit: 106 Minuten
Start: 24. November 2022

Fotos: © Universal Pictures