Buchrezi: Die Ballade vom vakuumverpackten Hähnchen – Hannahs Hackordnung 4Literatur & Kolumnen | 02.04.2025 | Erika Weisser

Hannah kann seit Jahren keine Hühner mehr essen. Und schon gar nicht schlachten. Doch genau das muss sie heute tun. Théodore heißt der Todeskandidat – er trippelt gerade nichtsahnend den Rasen vor dem Haus nieder.
Sie hat ihrer Mutter zu einem für Widerworte unpassenden Zeitpunkt versprochen, ihm den Garaus zu machen: am Sterbebett. Diesen letzten Willen will Hannah noch erfüllen, ehe sie in die Stadt zurückfährt, um ihr vegetarisches Leben weiterzuleben. Doch dann fallen ihr die „300 Masthähnchen, 50 Hennen und 10.000 Euro“ ein, die die Mutter ihr hinterlassen hat. Ein Erbe, von dem die Familie seit drei Generationen lebt.
Schweren Herzens schnappt sie Théodore und bringt ihn ins Haus. Und schreibt ins Kondolenzbuch ihrer Mutter, dass der „Spaßvogel unvergessen bleiben wird“. Dann drückt sie zu; ein „vergeblicher letzter schwacher Atemzug verfliegt“. Sie schreibt einen Nachruf auf den toten Hahn, vakuumiert ihn und verkauft ihn mitsamt der Biografie auf dem Markt – nicht ahnend, dass sie damit eine höchst einträgliche Marketingidee gebar: Hannahs Hähnchen werden zum Verkaufshit, sie selbst gerät jedoch in eine unerbittliche Hackordnung.
Lucie Rico bringt ihren irrwitzig-amüsanten Roman ins Centre Culturel Français: 9. April, 20 Uhr.
Die Ballade vom vakuumverpackten Hähnchen
von Lucie Rico
Übersetzung: Milena Adam
Verlag: Matthes & Seitz, 2025
235 Seiten, gebunden
Preis: 22 Euro