Buchrezi: Es wird Nacht, Señorita 4Literatur & Kolumnen | 26.11.2024 | Lars Bargmann
Eine Parkbank ist eine schöne Erfindung. Da sitzt man, staunt in die Umwelt, bis einer vorbeikommt, sich dazusetzt und einfach mal anfängt zu erzählen. So ist es mit den Kolumnen von Harald Martenstein. Sie fangen meist ganz unverfänglich an – und dann zieht der Autor einen irgendwohin, wohin weiß man nicht.
Etwa so: Martenstein war auf einer Party und unterhielt sich privat mit einem Theatermann über dieses und jenes. Der Regisseur genderte und genderte drauflos und Martenstein schreibt dann, er habe sich gar nicht mehr auf den Inhalt des Gesprächs konzentrieren können, „weil mein Gehirn mit der Entschlüsselung des Subtexts dieser Situation völlig ausgelastet war“.
Seine Kolumnen über alles Woke, Cancel Culture, Aneignung, die „Letzte Generation“, auch mal Anne Franks Brüste oder Bundesjugendspiele, kurzum seine „Gedanken über die Beglückungen der Gegenwart“, wie es im Untertitel heißt, haben diesen unverkennbaren Ton des felsenfest liberalen Geists, der sich durch moderne Albernheiten, manche mögen es auch Mode nennen, nicht aus der Position bringen lässt.
Er selber, der vielfach Preisgekrönte, ist übrigens im Elternhaus selten zu Wort gekommen. Und hat deswegen irgendwann angefangen zu schreiben. Er wollte einfach kurz mal was sagen. Jetzt steht er von der Parkbank auf und geht seines Weges.
Es wird Nacht, Señorita
von Harald Martenstein
Verlag: C. Bertelsmann, 2024
224 Seiten, gebunden
Preis: 22 Euro