Das »bierernste« chilli-Horoskop: Die Verkehrs-Edition von Hobby-Astronaut Philip Thomas 4Literatur & Kolumnen | 14.06.2022 | Philip Thomas

Horoskop

Vor lauter Stau sieht chilli-Orakel Philip Thomas schon Sterne. Nach mehr oder weniger fokussiertem Studium der Himmelskörper verrät er, was die Schienen und Straßen der Republik so bringen.

Widder-1

Du hast kein Auto und den öffentlichen Personennahverkehr nutzt du nicht. Dieses gänzlich gut gemeinte Maßnahmenpaket der Ampel fährt folglich mit Vollgas an dir vorbei. Nun wartest du auf die 300-Euro-Energiepauschale und freust dich schon, diese fachgerecht versteuern zu dürfen. Du fragst dich: Wann kommt endlich die 9-Euro-Miete?

Stier-1

Am meisten Sprit spart, wer die eigenen vier Wände nicht verlässt. Eine Studie von 2021 schätzt, dass Homeoffice-Arbeitnehmer in Deutschland Fahrten von insgesamt 36 Milliarden Kilometern ersparen und damit jährlich bis zu 5,4 Millionen Tonnen CO2 einsparen könnten. Du bist trotzdem ein großer Fan von Verkehr. Zumindest im Homeoffice.

Zwilling-1

Dein Sommerurlaub fällt ins Wasser: Von München bis nach Rügen wolltest du dich mit dem 9-Euro-Ticket durchschlagen. 16 Stunden Fahrt, sieben Umstiege. Bereits in Franken brichst du die Tour de Force allerdings entnervt ab. Die Bahn ist voll. Voll mit Reportern, die darüber berichten, wie voll die Züge sind.

Krebs-2

Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Deutschland lag 2020 bei 46.216 Dollar. Damit liegt die BRD auf Platz 17 der reichsten Länder der Welt. Dich erinnert die BRD an eine Bananenrepublik: fehlende oder defekte Züge, marode Ausstattung der Armee. Du überlegst: Was wurde mehr kaputtgespart? Die deutsche Bundeswehr oder die Deutsche Bahn?

Loewe-1

Dem 9-Euro-Ticket sei Dank haben es sich Punks und Proletariat mit Boombox und Billig-Bier auf Sylt gemütlich gemacht. Seit dem 1. Juni ist die nordfriesische Insel fest in der Hand von burschikosen Barbaren, hast du gehört. Das Drama ließ sich nicht abwenden: Die von Sylt beantragte NATO-Mitgliedschaft wurde abgelehnt.

Du hast dir das 9-Euro-Ticket und sogar die 3 Euro für eine stinknormale Fahrkarte gespart und musst nun wegen „Erschleichen von Leistungen“ ein Bußgeld von 60 Euro berappen. Kannst du das nicht blechen, droht dir in Deutschland übrigens eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr – wie gesagt fürs Schwarzfahren. Und das kostet den Staat dann wiederum richtig Geld.

Waage-1

1968 wollte der frisch gewählte Bundeskanzler Willy Brandt mehr Demokratie wagen. Das funktioniert seitdem mal so, mal so. „Besser“ läuft es auf deutschen Straßen. Das Motto dort bis zum gerade durch das EU-Parlament beschlossenen Verbrenner-Aus ab 2035: „Mehr Benzin wagen“ und „mehr Neuwagen“.

Das Pokalfinale hat der SC Freiburg gegen die Wand gefahren. Auf dem Weg vom Breisgau nach Berlin kam es auch beinahe zum „Totalschaden“: Auf freier Strecke kam ein ICE voller SC-Anhänger bei Mahlberg zum Stehen. Andere Verbindungen fielen komplett aus. Aber halb so wild. Pünktlich zum Elfmeterschießen warst du im Stadion.

Schuetze-1

Sylt ist gefallen. Du findest: Das ist nur recht und billig. Immerhin nisten sich Bonzen seit Jahren mit Bootsschuhen und Pullunder in Vierteln voller Geringverdiener ein. Im September ist das 9-Euro-Ticket Schnee von gestern. Die Gentrifizierung von Berlin Kreuzberg, dem Frankfurter Bahnhofsviertel oder Sankt Pauli in Hamburg ist es nicht.

Steinbock-1

Der Autofahrer bekommt seinen Tankrabatt, der ÖPNV-Krieger das 9-Euro-Ticket. Beides finanziert von dir, dem Radfahrer. Du fragst dich: Wann tut die Politik endlich mal was für Drahtesel-Cowboys? Frische Luft, Bewegung, die Gewissheit, den Planeten zu retten und Innenstädte nicht zu verstopfen, müssen wohl reichen …

Wassermann-1

Zwölf Scherze über Verkehr, Politik, Mineralölkonzerne, allerlei Tickets und natürlich Sylt. Mal mehr und mal noch mehr lustig. Zielführend wie ein Navigationssystem, streitbar wie das Tempolimit, spitz wie der Nagel in deinem Fahrradreifen. Einen Witz gibts aber noch: die Deutsche Bahn.

Das findest du verdächtig: Obwohl der Rohöl-Preis längst gesunken ist, steigen die Preise für Benzin und Diesel. Bemerkenswerterweise noch mal just vor der Einführung des Tankrabatts, der Steuereinnahmen in Höhe von rund 3,15 Milliarden Euro kostet. Für dich kein Grund zur Panik. Preisabsprachen hat es nicht gegeben. Sagen schließlich die Mineralölkonzerne.

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