FRezi: Die Träume anderer Leute – Ohne Schonung 4Literatur & Kolumnen | 07.12.2022 | Erika Weisser

Cover- Die Träume anderer Leute

Als Judith Holofernes in Freiburg lebte, war sie noch nicht berühmt. Das wurde sie erst, als sie nach ihrem Abi an der Staudinger Gesamtschule, jenem „seltsamen Hybrid aus linken Idealen und Haslacher Vorstadtmentalität“, nach Berlin zog. Und dort die Band „Wir sind Helden“ mitgründete, mit der sie als Frontfrau 20 Jahre lang sehr erfolgreich durchs Land tourte, in ausverkauften Hallen spielte und jede Menge Branchenpreise einstrich.

2012 wurde die Heldenband auf Eis gelegt, danach startete die Texterin und Sängerin mit ihrem Ehemann, dem Helden-Schlagzeuger Pola Roy, eine Solokarriere als „Familienmutter mit einer 70-Prozent-Stelle als Rockstar“. Nun schreibt sie ziemlich selbstschonungslos über ihr unstetes Leben. Über die Zeit vor, während und nach den „Helden“, über ihre Erfahrungen als Tochter einer lesbischen Akademikerin in den 1970er-Jahren, über ihre als „Dauerstress des Dazugehörenwollens“ empfundenen Versuche, sich mit allen zu arrangieren.

Mit schöner Selbstironie schreibt Holofernes von ihren kindlichen Fluchten in verschiedene Krankheiten – und von zahlreichen Therapien, die sie als Erwachsene hinter sich gebracht hat. Ein sehr wortspielreiches Selbstporträt einer widersprüchlichen öffentlichen Figur im Showgeschäft.

Cover- Die Träume anderer Leute

Die Träume anderer Leute
von Judith Holofernes
Verlag: KiWi, 2022
407 Seiten, gebunden
Preis: 24 Euro