FRezi: Fassaden für die Volksgemeinschaft 4Literatur & Kolumnen | 07.07.2022 | Erika Weisser

Joseph Schlippe war von 1925 bis 1951 leitender Stadtplaner in Freiburg. In dieser Funktion war er auch für den Wiederaufbau der im November 1944 durch Bombardierung fast vollständig zerstörten Innenstadt zuständig.
Der langjährige BZ-Redakteur Wulf Rüskamp hat nun eine quellenreiche Untersuchung über den Verwaltungsbeamten vorgelegt, dem es in „erstaunlich unumstrittener Weise gelungen ist, über alle politischen Umbrüche hinweg die Stadtentwicklung Freiburgs zu steuern“. Er geht dabei der Frage nach, ob und inwieweit Schlippes Baupolitik von völkischnationaler Ideologie geprägt war.
Anhand von Entwürfen, Veröffentlichungen und Briefen aus Schlippes Nachlass, aber auch mittels konkreter Straßenzüge und Gebäude zeigt Rüskamp, dass es dem Architekten nicht um den Erhalt vorhandener Substanz ging. Sondern um vereinheitlichte Schlichtheit und die „Entschandelung“ allzu auffälliger und individuell gestalteter Gebäude. Dass also die heute das Stadtbild bestimmenden, als typisch gehandelten Altstadthäuser keine historischen, sondern eher volksgemeinschaftliche Bezüge haben.
„Besonders pikant“ für Wulf Rüskamp ist, dass das NS-Dokuzentrum ausgerechnet in dem von Schlippe entworfenen ehemaligen Verkehrsamt am Rotteckring eingerichtet wird.
Fassaden für die Volksgemeinschaft
von Wulf Rüskamp
Verlag: Rombach, 2022
234 Seiten, Paperback
Preis: 34 Euro