FRezi: Lilith – Aus dem Gleichgewicht 4Literatur & Kolumnen | 04.09.2022 | Erika Weisser

Lilith-Frezi

Lilith liebt zwei Männer gleichzeitig. Zumindest eine Zeit lang. Und zu Zeiten, da niemand eine Dreiecksbeziehung einer Frau mit zwei Männern als Polyamorie bezeichnet.

Dreiecksbeziehung ist indessen auch das falsche Wort. Denn Liliths Ehemann Joe hat keine Beziehung zu ihrer neuen Liebe Otto. Nicht einmal eine geschäftliche: Der mäßig bekannte Kunstmaler kommt nicht mit dem reichen Kunstsammler zusammen, als sie sich im Herbst 1990 bei einer Vernissage in Freiburgs Stadtteil Herdern begegnen. Lilith hingegen schon. Ihr fallen Ottos Huskyaugen auf, seine Körpergröße, die betont dezente Kleidung. Sie spricht ihn an, verabredet sich mit ihm, verheimlicht nichts. 

Das müsste und könnte sie auch gar nicht. An ihrer veränderten Aufmachung merkt Joe, dass sie verliebt ist. Und aus dem ersten Bedauern darüber, dass ihr endlich einmal wieder beschwingter Gang auf hochhakigen Schuhen nichts mit ihm zu tun hat, entwickelt Joe allmählich eine neidische Wut auf Otto, der Jaguar fährt, ein Loft mit Glaskuppel bewohnt und einen echten Kandinsky sein Eigen nennt. 

„Normalopath“ nennt er ihn. Und Übleres. Auch nach 30 Jahren noch, als sich alle Wege längst getrennt haben. Ein beachtliches Debüt der Freiburger Autorin Susanne Niemeyer-Langer.

Lilith Buchcover

Lilith
von Susanne Niemeyer-Langer
Verlag: Lauinger 2022
166 Seiten, gebunden
Preis: 20 Euro