Die Antilopen Gang im E-Werk: Hip-Hop und Punk-Spirit 4Musik | 19.12.2022 | Pascal Lienhard

Antilopen Gang in Freiburg Selbsternannte Außenseiter: Danger Dan (links) und Koljah von der Antilopen Gang im ausverkauften E-Werk.

„Du hörst ja sonst keinen Hip-Hop, aber du magst Antilopen Gang.“ Die Line aus dem Antilopen-Song „Smauldo“ dürfte auf manch einen im ausverkauften E-Werk zugetroffen haben. Wer sich auf dem Konzert des Trios am vergangenen Sonntag umblickte, wähnte sich hin und wieder auf einem Punk-Rock-Konzert: Regelmäßig wurde der genretypische Hip-Hop-Arm durch Pogo ersetzt. Für ihren größten Hit hatten die Musiker nur einen abfälligen Kommentar übrig.

Für die Antilopen Gang läuft es bestens: Auf der aktuellen Tour spielt sie in ausverkauften Hallen, seit 2020 sind drei Alben erschienen. Der aktuellste Release „Antilopen Geldwäsche Sampler 1“ erreichte Platz Drei der deutschen Charts. Neue musikalische Kreise erschloss sich die Gang durch die Solo-Platte ihres Members Danger Dan: Das Klavieralbum „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ war 2021 mit einer Mischung aus politischen Botschaften, autobiografischen Songs und einer Prise Humor in aller Munde.

Die Antilopen Gang in Freiburg

Kann auch anders: Rapper Danger Dan hat 2021 ein hochgelobtes Klavieralbum veröffentlicht.

Doch zelebriert die Band nach wie vor ihr Außenseiterimage. In Freiburg startet sie mit der 2021er-Nummer „Uns und denen“, zu dem Danger Dan, Koljah und Panik Panzer jeweils zu ihrer Strophe auf die Bühne kommen. „Du kannst dich auf die Gewinnerseite stellen oder zusammen mit uns mit wehenden Fahnen untergehen“ heißt es im Refrain. Angesichts der vielen Erfolge des Trios wirkt die Message nicht ganz glaubwürdig.

Gefällig sind die Antilopen nicht geworden. Klar gibt es szenetypische Selbstbeweihräucherungen und relativ zahme Nummern wie „Trenn Dich“ oder „Verliebt“. Doch spart die Formation Themen wie psychische Erkrankungen, das Engagement gegen Rechts oder den „Enkeltrick“ nicht aus. „Pizza“, der auf Spotify erfolgreichste Track der Gang, steht nicht auf der Setliste. Dafür die Nummer „Wünsch Dir nix“ mit der Line „Wenn ihr nicht so dumm wärt, wär „Pizza“ kein Hit.“ Autsch.

Der erste Song, mit dem Danger Dan, Koljah und Panik Panzer – damals noch mit Kollege NMZS – 2009 von sich reden machten, fehlt dagegen nicht. „Fick die Uni“ intoniert der Saal unisono. Es ist ein ähnliches Szenario wie vor drei Wochen beim Auftritt von Tocotronic im E-Werk. Besang damals manch ein passionierter Radfahrer mit der Band den Hass auf Freiburger Radler, dürften es am diesem Abend viele angehende Akademiker·innen sein, die den parodistischen Disstrack auf Studierende mitgrölen.

Die Antilopen Gang in Freiburg

Multitalent: Jenny Sharp, DJane und Gitarristin bei den Antilopen, heizt als Support ein.

Musikalische Eintönigkeit kann man der Band nicht vorwerfen. Unterstützt wird sie von DJane Jenny Sharp, die mit einem rund 30-minütigen Set auch als Vorband agiert. Flankiert von einem Drummer und einem weiteren Musiker, der zwischen Bass und Tasten wechselt, greift sie bei den Antilopen ab und an zur E-Gitarre. Dann ist der bouncende Hip-Hop-Arm zum Teil schnell vergessen und der chaotische Pogo startet. Das Publikum ist in seinem Element, der bei den Antilopen stets durchscheinende Punk-Spirit kommt hier besonders zur Geltung. Im nächsten Moment sitzt Danger Dan am Piano und serviert mit „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ seine Abrechnung mit rechten und völkischen Zeitgenossen.

Das Trio aus Aachen und Düsseldorf gehört zu den Acts, bei denen sich Hörer·innen immer wieder fragen: Meinen die das ernst oder ist das Ironie? Klar ist: Das Trio provoziert gerne und verlässt dabei auch mal das Metier des guten Geschmacks. Doch das ist keine Faustregel. Im Highlight „2013“ verzichtet das Trio auf Ironie. Im Song verarbeitet es das schicksalhafte Jahr, in dem sich Bandkollege Jakob Wich aka NMZS das Leben nahm. „Keine Nostalgie, wir haben zu viel Scheiß erlebt“ heißt es im Refrain. Ein starker Song mit viel emotionaler Wucht.

Die Antilopen Gang in Freiburg

Mal ironisch, mal emotional: Panik Panzer (rechts) und Danger Dan im Zeichen der Antilope.

Nach rund 100 Minuten endet der genreübergreifende Abend. Die Antilopen lassen sich noch ein letztes Mal vom Publikum feiern – und ziehen weiter in die nächste ausverkaufte Halle. Mit wehenden Fahnen untergehen: Das geht anders.

Fotos: © Pascal Lienhard