Geschmackspolizei: Der SoundDreck … zu Dschingis Khan 4Musik | 27.04.2022 | Ralf Welteroth

Sounddreck

Die Freiburger Geschmackspolizei ermittelt schon seit 20 Jahren gegen Geschmacks­verbrechen in der Musik. Für die cultur.zeit verhaftet Ralf Welteroth geschmack­lose Werke von Künstlern, die das geschmack­liche Sicherheitsgefühl der Bevölkerung empfindlich beeinträchtigen.

„Dsching, Dsching, Dschingis Khan, hey Leute, ho Leute, hey Leute, immer weiter …“ Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau, Dschingis Khan, eine Musikgruppe gleichen Namens, die 1979 für Deutschland beim Grand Prix startete. Sie trugen lustige mongolische Trachten und lobpreisten die Taten des für seine Grausamkeiten bekannten Herrschers Dschingis K.

Heute würde man sie sofort von der Bühne holen. Zu Recht. Aber leider nicht wegen der dürftigen musikalischen Darbietung oder des fragwürdigen Texts („und jedes Weib, das ihm gefiel, das nahm er sich in sein Zelt“), nein, weil sie sich diese Kultur angeeignet haben. „Moskau, Moskau wirf die Gläser an die Wand, Russland ist ein schönes Land, ho, ho, ho, ho, hey! Liebe schmeckt wie Kaviar, Mädchen sind zum Küssen da.“ Machen Sie selbst einen Reim darauf.

Aber kulturelle Aneignung? Was ist dann mit „unserem“ Bier? Die Sumerer, nein, die Chinesen haben’s erfunden, also Finger weg. Blues sollte kein gutverdienender weißer Landesbeamter mehr hören dürfen. Ach ja, und die Dreadlocks? Bob Marley („No woman, no cry“) hat die Frisur auch nur von Lord Shiva, einer der Hauptgottheiten des Hinduismus, geklaut.

Wenn man das zu Ende spinnt, dann dürften wir hier nur noch Schwarzbraun ist die Haselnuss singen und einen Seitenscheitel mit Hitlerbärtchen tragen, aber halt – das ist dann eigentlich auch nur Felix Aus­tria vorbehalten. Ganz schön kompliziert das Ganze. Obwohl – über Geschmack lassen wir auch zukünftig nicht mit uns diskutieren.

Kulturell nicht gänzlich abgeneigt grüßt,
Ralf Welteroth für Ihre GeschPo

Foto: © chilli