„Ich wollte keinen Stillstand“: Italienischer Handwerker macht seinen Meister Jobstarter | 20.06.2022 | Till Neumann 

Abdellah Boutirra in seinem Büro Hat es in Deutschland weit gebracht: Abdellah Boutirra aus dem italienischen Padua.

Berufliche Bildung über Grenzen – sie ist möglich. Das zeigt der Weg von Abdellah Boutirra. Er hat seine Handwerks-Ausbildung in Südbaden im März als Meister abgeschlossen. Der Mann aus dem italienischen Padua ist der erste Teilnehmer des Projekts MobiPro-EU aus seiner Stadt, der einen Meisterabschluss in Südbaden gemacht hat.

Junge Menschen aus Europa auf eine Ausbildung in Südbaden vorbereiten. Das hat die Handwerkskammer Freiburg mit dem Projekt MobiPro-EU gemacht. Sie wurden auch während der Ausbildungszeit in südbadischen Betrieben begleitet und unterstützt. Einer der Teilnehmer war Abdellah Boutirra. Er kam im Sommer 2015 als 21-Jähriger aus Padua zum Praktikum nach Deutschland. 

Abdellah ist in Marokko geboren und wanderte als Zehnjähriger mit seiner Familie nach Italien aus. Nach dem Abitur bewarb er sich für MobiPro-EU. „Grundsätzlich wollte ich gerne ins Ausland, eine neue Sprache lernen und Erfahrungen sammeln“, erzählt Abdellah. 

Nach einem Vorstellungsgespräch in Padua mit Andreas Rohrer von der Handwerkskammer Freiburg absolvierte Abdellah in seiner Heimatstadt einen Deutschkurs. Dann machte er ein sechswöchiges Praktikum bei dem Betrieb Meyer (Blechnerei, Sanitär, Heizung) in Schopfheim. „Anfangs hatte ich etwas Angst, den Schritt ins Ausland zu wagen“, erzählt der Italiener. Er habe sich aber recht schnell zurechtgefunden und gut eingelebt. Das bestätigt auch sein Betrieb: „Abdellah war höflich, pünktlich und sehr motiviert“, betont Geschäftsführer Gerd Dörflinger. Sein Unternehmen machte bei MobiPro-EU mit, um Nachwuchs zu finden. Lehrlinge sind schwer zu kriegen. 

Der Anfang war schwer, erzählt Abdellah. Insbesondere die Fachbegriffe waren kompliziert. Die Dinge entwickelten sich aber gut: Nach dem Praktikum begann er seine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) bei Meyer. 2019 legte er seine Gesellenprüfung ab. Die Ausbildung in Deutschland schätzt er: Man dürfe hier auch Fehler machen. Dieses Verständnis fehle in Italien. 

Nach der Ausbildung wurde der junge SHK-Mechaniker im Betrieb übernommen. Ein Jahr arbeitete er auf der Baustelle. Im zweiten Gesellenjahr wechselte er in den Kundendienst. „Ich hatte das Gefühl, dass noch etwas fehlt. Bei Kunden konnte ich technisch oft nicht alles erklären. Ich wollte keinen Stillstand und mich weiterbilden“, berichtet Abdellah. Er entschied sich für die Meisterausbildung. Im März 2022 bestand er die Prüfung. „Am Ende hat sich all die Mühe gelohnt“, freut sich der Handwerker. Er ist überzeugt: „Mit dem Meister stehen mir sehr gute und vielfältige Möglichkeiten offen.“ 

Beeindruckt ist auch Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg. „Der Weg von Abdellah Boutirra zeigt, welch tolle Möglichkeiten das Handwerk auch für junge Menschen aus dem Ausland bietet.“ Für die Betriebe hier sei es eine Option, dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Im Kammerbezirk war das EU-Projekt überdurchschnittlich erfolgreich. 

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