Psyche in der Pandemie : Was macht die Krise mit unseren Köpfen? News & Trends | 10.06.2021 | Elias Kottenrodt
Viele leiden unter den Einschränkungen der Corona-PandemieDie Corona-Pandemie betrifft alle – und wirft viele Fragen auf. Wie geht es weiter? Wie fühle ich mich? Bin ich nur erkältet? Oder ist es doch Corona? Warum die menschliche Psyche bei solchen Unklarheiten mitleidet und was man dagegen machen kann, erklärt die Freiburger Psychologin Divya Seernani.
„Das größte Problem mit der Pandemie ist, dass wir nicht so viele Leute sehen können.“ Das sagt die Psychologin Divya Seernani. Vorher habe man sich noch in der Familie oder in einer Gruppe treffen können“- jetzt ist das nur eingeschränkt möglich. Zwar könne man diese Treffen durch ein Zoom-Meeting oder Ähnliches ersetzten. Doch die Expertin ist sicher: „Das ist nicht das Gleiche.“
„Menschen mögen Routine, Menschen mögen es zu einem festen Zeitpunkt aufzustehen, zur Arbeit gehen oder zur Schule zu gehen“, sagt die 29-Jährige. Genau diese Routine werde erschwert, weil sich in der Schule wie auch auf der Arbeit täglich etwas ändere. Dadurch, dass wir nur wenig Ausgleich mit Freunden und der Familie haben, würden viele zudem mehr arbeiten – wenn auch unbewusst. Daher strenge man sich im Alltag mehr an.
Diese Anstrengungen hätten Folgen: So ist bekannt, dass 35 Prozent der Bevölkerung mehr Angst hat, jedoch ist das laut der Untersuchung nicht allein die Angst vor dem Virus selbst. Es gebe auch andere Ängste in der Pandemie, sagt Seernani. Zum Beispiel „Angst wie es weitergeht, oder die Angst, ob man sich gut fühlt oder nicht“. Sie berichtet: „Die Symptome von Depressionen haben sich auch erhöht.“
Ein weiterer Faktor ist für Seernani die sogenannte Corona-Müdigkeit, welche vor allem durch die täglichen Anpassungen im Alltag ausgelöst werde. „Alle Menschen haben eine gewisse Toleranz, doch in einer Pandemie muss man sich regelmäßig anpassen.“ Diese Anpassungen machen einen müde und durch diese Müdigkeit gebe es mehr Symptome wie Angst und Depression. „So hätten sich in der Bevölkerung die Symptome der Angst verdoppelt. Außerdem finde man Symptome von Depressionen bei Menschen vor, die vorher nicht an einer Depression litten.
Was kann man tun, wenn man merkt, dass man selbst oder jemand im näheren Umfeld an solchen Auswirkungen leide? „Das Schwierigste ist, überhaupt zu erkennen, ob jemand an solchen Folgen leidet“ sagt Seernani. Sie rät daher, sich Zeit zu nehmen, um sich selbst oder seinen gegenüber zu fragen, wie es einem wirklich geht. So bestehe die Chance, die Symptome zu erkennen.
Für die Freiburgerin ist es wichtig, sich trotz der Pandemie an eine tägliche Routine zu halten. Sie empfiehlt, zum Beispiel eine feste Uhrzeit, zu der man aufsteht und wieder schlafen geht, wann man sich frei nimmt oder wann man isst. „Natürlich muss der Plan mit der Schule und Arbeitszeiten übereinstimmen“, sagt die Psychologin.
Ein weiterer Tipp von ihr ist, sich regelmäßig mit Freunden oder Familie zu unterhalten. Sei es per Telefon, Videokonferenz oder bei einem Spaziergang. So bekomme man mit, wie es anderen gehe, welche Probleme oder Sorgen sie haben. Man könne sich aber auch zum Kochen per Videokonferenz verabreden.
Zur Person
Dr. Divya Seernani hat in Klinischer Psychologie promoviert und arbeitet als Psychologin in einer Heilpädagogischen Praxis in Freiburg.
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