Fridays for Future: Schüler fordert radikales Handeln News & Trends | 28.02.2019 | Lukas Gress

Die erste Versuch war rekordverdächtig: Zwischen 3000 und 5000 Schüler versammelten sich am 18. Januar in Freiburg (Foto), um fürs Klima zu streiken. So viele wie sonst nirgends in der Republik. Dabei soll es nicht bleiben: Am 15. März folgt die zweite Freiburger Demo im Zuge der Fridays for Future-Bewegung. Lukas Gress, Zehntklässler des Freiburger Berthold-­Gymnasiums, beurteilt das Fehlverhalten von Schulen und Medien bei der „Fridays for Future“-Klimaaktion.

Sorgt sich ums Klima: Lukas Gress

„Als am 18. Januar deutschlandweit tausende Schülerinnen und Schüler dem Aufruf folgen, nicht in die Schule zu gehen und stattdessen für eine bessere Umweltpolitik zu demonstrieren, sind die Reaktionen der Öffentlichkeit gespalten. Die Einen unterstützen die Aktion und freuen sich, dass die SchülerInnen sich zu mündigen Bürgern entwickeln. Die Anderen reagieren mit Unverständnis und betonen die Schulpflicht, der die gesamte Schülerschaft untersteht.

In den Medien wurde nicht darüber diskutiert, wofür die Schüler einstehen, sondern dass sie es während der Schulzeit tun. Eine enttäuschende Reaktion. Anstatt die junge Generation und ihre Forderungen nach einer lebenswerten Zukunft ernst zu nehmen, wurde ihnen vorgeworfen, doch nur Unterricht verpassen zu wollen, und diskutiert, ob die SchülerInnen nun ein Streikrecht hätten oder nicht. Dabei wird in 50 Jahren keiner mehr danach fragen, wer in der Schule war, sondern warum niemand gehandelt hat. Die existenzielle Forderung nach einer guten Zukunft steht also der Forderung gegenüber, dass die Schülerschaft am 18. Januar 2019 in die Schule hätte gehen sollen.

Auch die Schulen kritisierten die Aktion. Es würde ja keinen Sinn machen, die Schule zu „bestreiken“, denn streiken könne man nur in einem Betrieb, um zum Beispiel höhere Löhne auszuhandeln. Außerdem sei die Schule nicht schuld am Klimawandel.

Das ist natürlich richtig; es machte trotzdem Sinn, an diesem einen Freitag nicht in die Schule zu gehen. Die gesamte Aktion wurde durch die 16-jährige Schwedin Greta Thunberg inspiriert. Sie hatte im Sommer 2018 begonnen, freitags nicht mehr in die Schule zu gehen und sich stattdessen vor dem schwedischen Parlament niedergelassen, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen.

Logischerweise sollten also auch die anderen „Fridays for Future“-Demonstrationen an einem Freitagvormittag stattfinden. Darüber hinaus können die Schüler so mehr Aufmerksamkeit erregen und den Politikern zusätzlich Druck machen. Zudem entfällt gefühlt ein halbes Jahr Unterricht durch den Lehrermangel, aber wehe die Schülerschaft nimmt sich einen Freitag frei, um sich für etwas Vernünftiges einzusetzen. Das kann natürlich nicht zugelassen werden. In anderen Bundesländern und der Schweiz wurde sogar mit drakonischen Strafen wie Schulverweisen gedroht.

Bizarr, wenn man bedenkt, dass die Generation, die jetzt die Schüler für ihr angebliches Fehlverhalten anklagt, selbst für den Klimawandel und also für die Gefährdung des Lebens der Folgegenerationen mitverantwortlich ist.

Es gab aber auch Stimmen, die etwas ganz anderes kritisierten. Demnach sollten die SchülerInnen erst ihr eigenes Verhalten anpassen, bevor sie große Forderungen an den Gesetzgeber richten. Kern ihrer Argumentation ist, dass „wenn doch nur alle ein bisschen mehr auf die Umwelt achten würden“, alle Probleme gelöst wären. Nach dieser Argumentationslinie würde man zum Beispiel auch die weltweite soziale Ungerechtigkeit beseitigen können, indem jeder Mensch in einer Industrienation einfach ein klein bisschen seines Geldes nach Afrika und Asien spendet. Das wäre aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein; so werden keine Probleme gelöst, höchstens ein bisschen aufgeschoben. Außerdem ist der Staat doch die Vertretung der Allgemeinheit; er muss also handeln, wenn „alle dies oder das tun sollen“.

Um den Klimawandel noch in Grenzen zu halten, muss die Politik jetzt und radikal handeln, den eigenen Profit hintenanstellen, Umweltschutz gesetzlich festhalten und Druck auf andere Staaten mit schlechteren Umweltschutzgesetzen ausüben. So müsste die Auto- und Kohlenation Deutschland endlich mehr Geld in öffentliche Verkehrsmittel und erneuerbare Energien investieren.

Wir werden nicht aufgeben! Irgendwann wird man uns zuhören müssen.“

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Den gesamten f79-Bericht zum nächsten Fridays for Future-Streik gibt es im gedruckten f79-Magazin und dem E-Reader. Das Heft liegt mit einer Auflage von 50.000 in Schulen, Jugendzentren und Gemeindehäusern in Freiburg und Umgebung aus.

Fotos: © Till Neumann, privat