Rollenspiele und Magic-Karten: DJ ALLE FARBEN im Interview News & Trends | 10.07.2019 | pt

Noch vor wenigen Jahren machte ALLE FARBEN alias Frans Zimmer Musik für das Internet. Heute legt der DJ vor 60.000 Menschen auf und veröffentlicht mit „sticker on my suitcase“ sein drittes Studio­album. So bunt ging es beim Berliner aber nicht immer zu.


Im Interview mit f79-Autor Philip Thomas erzählt der 33-Jährige von nerdigen Rollen- und Kartenspielrunden und wie er danach zur elektronischen Musik kam.

f79 // Heute machst du Musik für ein Millionenpublikum. Hast du deine Lehrer in der Schule auch schon zum Tanzen gebracht?

Alle Farben // Eher weniger. Ich war ein ruhiger Schüler und habe mich eher im Hintergrund bewegt. Auf dem Schulhof war ich ein Nerd und hing dort mit meinen Nerd-Freunden rum. Wir waren nicht besonders sportlich und haben lieber Rollenspiele oder mit Magic-Karten gespielt. Wir haben sogar unsere eigenen Spiele entworfen. Das hat viel Spaß gemacht.

f79 // Also warst du während deiner Schulzeit noch nicht musikalisch?

Alle Farben // Ja, das kam erst später. Ich habe zwar mehr schlecht als recht Geige gespielt, zur Musik haben mich aber meine Eltern und vor allem mein Bruder gebracht. Der hat mir damals viele Mixtapes mit Depeche Mode und The Cure auf Kassette gemacht. Die habe ich auf dem Weg zur Schule immer gerne gehört. Dadurch habe ich schnell eine Leidenschaft entwickelt und angefangen, Musik zu hören und auch zu sammeln. Bald habe ich mir viele CDs geliehen und vom Taschengeld auch gekauft. Später ging’s dann in den Plattenladen.

f79 // Wie ging es dann weiter?

Alle Farben // Mit 17 bin ich zur elektronischen Musik gekommen und habe sofort Blut geleckt. Ich habe damals alles gehört, von Triphop bis Disco und House, sogar Goa habe ich aufgesogen. Anfangs wollte ich nur die Stücke, die ich auf Vinyl hatte, auch unterwegs hören. Also habe ich es auf CD und Kassette gezogen. Daraus sind dann meine ersten Mixe und Podcasts entstanden. Das fanden bald andere Leute gut und es hat sich im Internet rumgesprochen. So fing das an.

f79 // Wusstest du damals schon, dass du dieses Hobby zum Beruf machen willst?

Alle Farben // In der Oberstufe war ich noch der festen Überzeugung, dass ich Trödelhändler werde, ebenso wie meine Eltern auch. Danach wollte ich Kunst studieren, das hat mich interessiert. Ich habe damals Graffiti gemacht, habe aber zum Ende meiner Schulzeit Sprühdose gegen Pinsel getauscht. Anschließend wollte ich auf die Berliner Kunst-Uni, wurde dort aber nicht angenommen. Also habe ich angefangen, an einer Privatuni Grafikdesign zu studieren, allerdings bin ich dort nach dem dritten Semester abgegangen. Ich saß dort nur am Computer, dabei wollte ich eigentlich etwas erschaffen und nicht die ganze Zeit Texte hin und her schieben.

f79 // Danach bist du im Internet bekannt geworden. Wie lief das?

Alle Farben // Ich war zu einem Zeitpunkt auf der Musikplattform SoundCloud der meistgehörte Künstler überhaupt. Das kann ich mir jetzt gar nicht mehr vorstellen. Schließlich ist die Seite heute in der Hand von Hip-Hop-Größen. Damals konnte man die Plattform auch noch einfach nutzen, weil sie nicht so kontrolliert war. Für mich und meine Musik war das großartig. Dadurch habe ich auch viele Fans gewonnen. Heute ist das anders: Wenn Rechte fehlen, wird so ein Podcast zu 99 Prozent herausgenommen. Das hat die Mixkultur in der Musik auf jeden Fall verändert.

Foto: © Hannes Casper