Secondhand voll im Trend: Wer nachhaltig Klamotten kaufen möchte, wird vielerorts fündig News & Trends | 24.01.2019 | Deborah Schmieder & Sophia Sarcoli

Rund fünf Milliarden Klamotten haben die Deutschen in ihren Schränken. Etwa jedes fünfte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen, zeigt eine Greenpeace-Studie. Die rund eine Milliarde ungenutzten Klamotten wären im Secondhand-Laden bestens aufgehoben.

Statt wegzuwerfen oder neu zu kaufen, gibt’s dort so manches Highlight für wenig Geld. Auch in Freiburg, wie die f79-Autorinnen Deborah Schmieder und Sophia Sarcoli herausgefunden haben.

Das Erste, was man wahrnimmt, wenn man den kleinen Laden betritt, sind die vielen Farben. Jedes Kleidungstück im b2mode in der Bertoldstraße hat seinen ganz eigenen Charme. Eine Handvoll Menschen sind hier zwischen getragenen Hosen, Pullis und Röcken auf der Suche nach ihrem neuen Lieblingsteil.

Nicht nur im b2mode findet man Unikate wie nirgendwo sonst – und das für einen fairen Preis. Eine Markenjeans gibt’s für 50 statt 200 Euro, silber glitzernde Dr. Martens-Schuhe für etwa 70 statt 150 Euro. „Es ist einfach nachhaltig, so mit Textilien umzugehen, und deshalb sehr fortschrittlich und modern“, sagt eine Stammkundin um die 50 Jahre. Sie lässt heute ein Kleid umnähen. Der Laden ist auch eine Schneiderei.

Wer in einem Gebrauchtwaren-Geschäft einkauft, schont die Umwelt: Die Produktion einer einzigen Jeans verbraucht 7000 Liter Wasser. Um Rohmaterialien in bunt bedruckte Kleidung umzuwandeln, werden cirka 3500 krebserregende Chemikalien freigesetzt. Sie gelangen so in die Luft, in die Leber von Eisbären oder in die Muttermilch. Studien belegen, dass viele sich der prekären Herstellungsbedingungen bewusst sind, jedoch ihr Kaufverhalten nicht ändern. Deutschlandweit haben zwei Drittel der Männer zwischen 18 und 69 Jahren laut einer Greenpeace-Studie noch nie in einem Secondhand-Laden eingekauft.

Secondhand ist im Kommen, sagen Betreiber und Kunden der Freiburger Secondhand-Shops. „Viele Styles der 90er-Jahre leben wieder neu auf“, betont eine Geschäftsführerin, die namentlich nicht genannt werden möchte. Als Verkäufer orientiere man sich an solchen Trends.

Auch wer auf Markenklamotten steht, wird fündig. „Große Designer zum kleinen Preis“, lautet das Motto von Olga Eryganov. Sie leitet b2mode. Der Laden setzt auf An- und Verkauf von Secondhand-Klamotten und bessert Klamotten in der eigenen Schneiderei auf. Wer günstige Markenkleidung sucht, kann hier fündig werden.

Das vermutlich bekannteste Secondhand-Geschäft in Freiburg ist „Schlepprock“ in der Innenstadt. Als der Laden vor 17 Jahren eröffnet wurde, gab’s dort nur Motorradkleidung. Mittlerweile bietet er viele modische Alltagsklamotten. Immer dienstags ab 10 Uhr hat jeder die Möglichkeit, dort nicht mehr benötigte Kleidung abzugeben. Um die Preise wird gefeilscht. Der Andrang ist groß, die Lagerfläche klein.

Ein weiterer Gebrauchtwaren-Shop befindet sich in Herdern und ist unter dem Namen „ENORM Secondhand für Sie und Ihn“ bekannt. Angelika Fischer betreibt ihn seit 20 Jahren und legt Wert auf Marken- und Designerklamotten. Es gibt Boss, Hilfiger oder Armani zu kleinen Preisen. Zu den Geheimtipps gehört der Laden „Antikes“ im Stühlinger. Er bietet nicht nur Kleidung, sondern Antiquitäten wie Kleinmöbel und Schmuck aus zweiter Hand – meist aus der Zeit von 1880 bis 1960.

Verkauft allerlei Unikate: Olga Eryganov

In vielen weiteren Geschäften in der Region kann man nicht mehr Benötigtes abgeben. Egal ob Bücher, Möbel, Kinderklamotten, Spielwaren, elektronische Geräte oder Hochzeitsmode. Hier und da findet man ausgefallene Designerstücke. Zu den Läden gehören: „Klamöttchen“, „Fairkauf“, „Boots“, „Kleine Hexe“, „Outfit“ und viele weitere.

Im Schlepprock ist der Andrang riesig: „Es gibt viel zu wenig Konkurrenten, ich hätte gerne mehr davon“, sagt eine Mitarbeiterin. „Man sieht es bei den Einkaufstagen, wie viel Bedarf eigentlich da ist.“ Man stehe im Wettbewerb mit eBay, Flohmärkten und Kleiderbörsen, erzählt Eryganov von b2mode.

Noch immer verbinden viele ­Secondhand mit kaputten oder stinkenden Klamotten, die jemand loswerden wollte. Olga Eryganov hält davon nichts: „Die Leute, die so denken, sollen nicht in Kik oder Pimkie einkaufen gehen, sondern in einen ordentlichen Secondhand, um sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen.“

Wegwerfware Kleidung

Rund 7000 Liter Wasser verbraucht die Produktion einer einzigen Jeans, informiert Greenpeace. 3500 krebserregende, hormonell wirksame oder anderweitig giftige Chemikalien setze die Textilindustrie ein, um Rohmaterialien zu bunt bedruckter Kleidung zu verarbeiten. Mit der Detox-Kampagne kämpft die Organisation für eine saubere Textilindustrie. Eine Umfrage dazu zeigt: Rund zwei Milliarden ungenutzte Klamotten hängen in deutschen Schränken. Frauen besitzen im Schnitt 118 Kleidungsstücke, Männer 73. Jedes fünfte Kleidungsstück wird so gut wie nie getragen.

Fotos: © iStock.com/Pawel Gaul; iStock.com/Luanateutzi; Sophia Sarcoli