Leg doch mal das Smartphone weg: Medienexperte Thomas Feibel über ein Handyverbot an Schulen Schule & Lernen | 19.06.2024 | Paula Brand & Mario Wachter

Thomas Feibel setzt sich seit fast 30 Jahren mit korrekter Mediennutzung auseinander. Der 62-Jährige hat Bücher über das Thema geschrieben und leitet Schulworkshops zur Handynutzung im Unterricht. Im Interview mit Paula Brand und Mario Wachter spricht er sich gegen ein Verbot aus.
f79: Herr Feibel, Sie beschäftigen sich intensiv mit der Handynutzung an Schulen. Was machen Sie dazu mit jungen Menschen?
Feibel // Ich biete ein Projekt an Schulen an. Es nennt sich „digitale Schulordnung“. Ich glaube einfach, dass Kinder sich eher an Regeln halten, die sie mitentwickelt haben. Die Idee des Workshops ist, dass die Geräte nicht stigmatisiert, sondern genutzt werden. Die Regeln, die man für das Handy oder die Tablet-Nutzung erstellt, werden mit den Mitteln des Tablets und Handys umgesetzt.

Plädiert für Handys in der Schule: Medienexperte Thomas Feibel
f79: Wie sehen Sie ein Handyverbot an Schulen?
Feibel // Ich verstehe, dass man Handys an Schulen verbieten möchte. Es gibt ja keine Schule, an der es damit keine Probleme gibt. Probleme mit Nacktfotos, Probleme, wo die Lehrkraft heimlich gefilmt worden ist, oder Cybermobbing. Viele denken, wenn man das Handy verbietet, sind all diese Probleme weg. Aber wenn man es einfach nur verbietet, wie sollen dann Kinder und Jugendliche lernen, damit umzugehen? Das ist eine Kulturtechnik, die erlernt werden muss. Ich finde den Umgang mit digitalen Medien genauso wichtig wie Schreiben und Rechnen. Also es sind einfach soziale Kompetenzen, die da vermittelt werden könnten – wenn man es richtig macht.
F79: Wäre ein Medien-Unterrichtsfach sinnvoll?
Feibel // Sehr sinnvoll. Aber die Diskussion gibt es seit 20 Jahren. Da wird sich wahrscheinlich gar nichts bewegen. Was ich sehr schade finde. Anfangs hat man gesagt, wenn die Kinder und Jugendlichen lernen sollen, mit digitalen Medien umzugehen, sollen die erst mal ein Zehn-Finger-Programm lernen, um richtig tippen zu können. Aber es geht doch nicht nur um die Nutzung, sondern auch um soziale Kompetenzen. Oder den Schutz vor Cybermobbing und Fakes.
f79: Für welches Modell plädieren Sie?
Feibel // Man sollte es immer der Lehrkraft überlassen, ob die Geräte genutzt werden dürfen. Aber es wäre natürlich gut, wenn es einen festen Rahmen gäbe, bei dem die Lehrkraft weiß, woran sie sich halten kann. Und einen Rahmen, wo die Schüler wissen, woran sie sich halten können. Dass so viele Sachen aus dem Ruder laufen, liegt doch einfach daran, dass niemand mit Kindern und Jugendlichen über diese problematischen Themen spricht. Kinder und Jugendliche müssen immer mit einbezogen werden. Denn viele nutzen das Handy hauptsächlich als Konsummedium. Aber es ist ja auch ein Werkzeug. Ich kann damit kreative Sachen machen. Ich kann es eben auch für meine Bildung benutzen. Das müssen wir Erwachsenen ihnen zeigen.
Fotos: © freepik.com, Die Hoffotografen GmbH Berlin
„Ablenkungsgefahr zu groß“: Pro und Contra zu Handys in der Schule