Bücherherbst – Lesevergnügen in der REGIO Featured | 04.11.2025 | Marianne Ambs & Erika Weisser

Buch und Herbstlaub Foto: © iStock/Mikhhail Blavatskiy

Überraschende Neuerscheinungen, bewegende Geschichten, lebendige Begegnungen. Lassen Sie sich einstimmen auf den Bücherherbst: Eine Übersetzerin gibt Einblicke in ihre Arbeit, bekannte Autorinnen und Autoren treffen bei Festivals auf neugierige Leserinnen und Leser – und neue Stimmen erobern die Bühne. Tauchen Sie ein in die lebendige Literaturlandschaft der REGIO.

Freiburger Literaturgespräch

Genre- und grenzübergreifende Vielfalt

Freiburger Literaturgespräch

„Suche den Namen des Winds“ lautet das Motto des 39. Freiburger Literaturgesprächs. Es stammt aus einem Gedicht von Olga Martynova, die heuer in Staufen mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet wurde. Natürlich ist auch sie zu Gast in Freiburg, wo vom 6. bis 9. November überwiegend Autorinnen miteinander und mit Moderator·innen ins Gespräch über „die grenzüberschreitende Vielfalt der Literatur“ kommen. Und sicher auch mit dem Publikum.

Männer sind dieses Mal in der absoluten Minderheit: Matthias Jügler, der zusammen mit seinen Kolleginnen Iris Wolf, Katerina Polodian und Daniela Dröscher die besondere Natur-Anthologie „Wir dachten, wir könnten fliegen“ präsentiert, und Ozan Zakariya Keskinkılıç sind die einzigen Schriftsteller. Er liest aus seinem Erstling „Hundesohn“ und trifft dabei auf den Literaturvermittler Thomas Geiger. Dieser spricht später auch mit Dorothee Elmiger über ihren dicht gewobenen atmosphärischen Roman „Die Holländerinnen“, der unlängst mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde.

Eröffnet wird das Literaturgespräch, an dem auch Nora Gomringer, Heike Geissler sowie zwei Kinderbuchautorinnen teilnehmen, am Donnerstag von Rachel Cusk, die aus Paris anreist und mit Annette Pehnt ihren Roman „Parade“ präsentiert.

Freiburger Literaturgespräch
Donnerstag, 6. bis Sonntag, 9. November
Historisches Kaufhaus, Literaturhaus,
Winterer-Foyer, Freiburg
Programm: literaturhaus-freiburg.de

Foto: © Literaturhaus Freiburg

Bücherfestival Baden-Baden

Neuauflage in der Kurstadt

Carsten Henn

Die Premiere im vergangenen Jahr wurde zu einem Highlight unter den Bücherfesten in der REGIO und so wird das Baden-Badener Bücherfestival auch dieses Jahr veranstaltet. Etwa 50 Verlage werden erwartet. Schmökern, sich begeistern lassen und neuen Lese­stoff erwerben: Dieser Dreiklang wird alle, die leidenschaftlich gerne lesen, begeistern.

Die Buchmesse im Kulturhaus LA8 wartet mit Lesungen, Verlagspräsentationen und Workshops auf. Die Auswahl ist groß. Kinder- und Jugendbuch, New Adult, Belle­tristik, Sachbuch – für jedes Lesealter, jeden Geschmack ist etwas dabei.

Eröffnet wird das 2. Bücherfestival von Bestseller-Autor Sebastian Fitzek. Viele weitere Autorinnen und Autoren haben sich angesagt, darunter Elke Heidenreich, Ewald Arenz und Carsten Henn (Foto). Zudem wird Fußballweltmeister Christoph Kramer seinen ersten Roman vorstellen. Als Begleitprogramm steht in der Kunsthalle das Trend-Genre Young- und New Adult im Fokus. Spannend auch das „Blind Date Deutscher Buchpreis“: SWR-Moderator Carsten Otte hat Kaleb Erdmann zu Gast, der sein Buch „Die Ausweichschule“ nach Baden-Baden mitbringt.

Bücherfestival Baden-Baden
Buchmesse für das Publikum geöffnet:
7.11., 13–18 Uhr sowie 8. & 9.11., 11–18 Uhr
Tickets, Termine und Infos: buecherfestival.de

Foto: © Marion Köll

Literaturfestival BuchBasel

Superkräfte und Bella Vita

BuchBasel

Seit 1998 gibt es das internationale Literaturfestival BuchBasel – ein Ort der Begegnung und des Austauschs zwischen Autor·innen aus der ganzen Welt und Literaturfreund·innen aus dem Dreiländereck. Wie beim viel älteren, doch viel kleineren Lesefestival in Freiburg ist auch in Basel das Literaturhaus für das Programm zuständig. Und das hat es auch in diesem Jahr in sich: Vom 14. bis 16. November werden die Säle des vor genau 100 Jahren als soziales Zentrum für die Arbeiterschaft gegründeten Volkshauses und andere, kleinere Spiel­orte in Kleinbasel zu Bühnen für ganz unterschiedliche Veranstaltungen.

Denn in Basel gibt es neben klassischen Lesungen und Autorengesprächen auch jede Menge experimentelle Präsentationen und Performances, digitale Literatur und partizipative Formate wie Workshops, Diskussionsrunden und (kultur-)politische Debatten sowie Vermittlungs- und Kinderveranstaltungen. In diesem Jahr ist Partizipation gar ein zentrales Element – Mitmischen, Teilhaben, Selbstausprobieren ist also in vielen begleitenden Angeboten angesagt.

Viele Gäste werden erwartet, darunter etwa ­Meron Mendel und Saba-Nur Cheema, deren Buch „Muslimisch-jüdisches Abendbrot“ ein Plädoyer für Offenheit in schwierigen Zeiten darstellt und Denkanstöße für solidarische und progressive Gesellschaftsentwürfe gibt. Dabei sind auch ­Sibylle Berg mit ihrem neuen Werk „PNR: La Bella Vita“ und Christian Kracht mit „Air“. Dabei sind auch die Comic-Erzählerinnen Anna Haifisch und Liv Strömquist, die ihre Graphic Novels über Superkräfte des Feminismus in partizipativen Performances präsentieren.

Eine besondere Performance ist möglicherweise von Dorothee Elmiger zu erwarten: Ihr Roman „Die Holländerinnen“, der soeben mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, hat auch Aussichten auf den Schweizer Buchpreis. Der wird am Festival-Sonntag verliehen. Wie Elmiger lesen im Lauf des Wochenendes auch Melara ­Mvogdobo, Meral Kuryshi, Jonas Lüscher und ­Nelio Biedermann aus ihren Büchern, die ebenfalls für den Preis nominiert sind.

BuchBasel

BuchBasel
Freitag, 14. bis Sonntag, 16. November
Tickets, Termine und Infos: buchbasel.ch

Fotos: © BuchBasel, Sophie Tichonenko

Literaturtage Todtnauberg

Zeit für Veränderungen

Lesestuhl auf dem Todtnauberg

Im Hochschwarzwald sind sie eine Ins­titution, seit 20 Jahren: In ihrem 20. Jahr stehen die Literaturtage „Lesen auf dem Berg“ in Todtnauberg unter dem Thema „Mehrgenerationen“. Die Gast-Autor­innen und -Autoren, lesen an unterschiedlichen Orten aus ihren Büchern, drinnen und draußen. Neben Lesungen an besonderen Orten können sich Besucherinnen und ­Besucher auf einen interessanten Austausch mit Autoren und Bücherfreunden freuen.

Die Literaturtage starten am Donnerstag mit Flor Schmidt in der Grundschule Todtnauberg. Die Autorin liest aus ihrem ersten Kinderbuch „Rabenschwarz und vogelwild“. Am Freitag folgt eine literarische Wanderung mit Klaus Gülker. Auf rund sieben Kilometern bringt der Autor den Schwarzwaldklassiker „Das kalte Herz“ Kapitel für Kapitel zu Gehör – allerdings in einer ziemlich modernisierten Fassung. Sein Peter surft im Internet, verzweifelt an den CO2-Vorgaben und macht am Ende doch sein Glück. Josef Brustmann mit „Jeder ist wer“ kommt am Freitagabend nach Todtnauberg. Am Samstagnachmittag liest Verena Boos am Stübenwasenlift aus ihrem Buch „Die Taucherin“, und am Samstagabend wird Rabea Edel die Lebensgeschichte ihrer Mutter vorstellen. Den Abschluss der Literaturtage macht Karl-Heinz Ott. In einem Gespräch mit Bettina Schulte steht sein neuestes Buch „Die Heilung von Luzon“ im Mittelpunkt.

Literaturtage „Lesen auf dem Berg“ in Todtnauberg
Donnerstag, 6. bis Sonntag, 9. November
Tickets, Termine und Infos: hochschwarzwald.reservix.de

Foto: © Hochschwarzwald Tourismus

Neuer Blick auf die Welt

Beate Thill erhält den Reinhold-Schneider-Preis

Beate Thill

Seit 1960 vergibt die Stadt Freiburg den Reinhold-Schneider-Preis  – als Kulturpreis für die Bereiche Bildende Kunst, Literatur, Musik, Darstellende Künste sowie Fotografie/Film/Neue Medien. Heuer werden Freiburger Literaturschaffende ausgezeichnet, Hauptpreisträgerin ist die Übersetzerin Beate Thill.

Sie hatte schon immer den Blick über Grenzen, sprach schon immer zwei Sprachen – in Zeiten, da das alles andere als selbst­verständlich war: Beate Thill wuchs in den 1950er-Jahren in der Ortenau auf; ihre Mutter stammte aus der Nähe von Colmar, ihr Vater aus Berlin. In der Familie wurde Französisch und Deutsch gesprochen; regelmäßige Besuche bei den Elsässer Verwandten und das frühe Engagement des Vaters in grenz­überwindenden partnerschaftlichen Projekten ließen in ihr die Überzeugung wachsen, dass Menschen und ihre Kulturen näher zusammengebracht werden sollten, dass sich Identitäten vorwiegend durch Beziehungen untereinander entwickeln.

„Gelebte Mondialität“

Vor mehr als 50 Jahren kam sie zum Stu­dium der Anglistik und Geographie nach Freiburg – und blieb: Es gefiel ihr in diesem „Außenposten Deutschlands in Richtung Frankreich“. Und da sie sich während des Studiums für den „globalen Süden“ engagiert hatte, arbeitete sie hernach als Redakteurin bei der Zeitschrift Blätter des iz3w. Dabei lernte sie die bislang wenig beachteten Literaturen aus Afrika und der Karibik kennen; dank ihrer zweiten Muttersprache war sie in der Lage, sie zu lesen und ihre Bedeutung zu erkennen. Seit 40 Jahren arbeitet sie als freischaffende Übersetzerin für französisch- und kreolsprachige Literatur, ist dabei „unglaublichen und großartigen Menschen“ begegnet – und hat gelernt, mit einem neuen Blick auf die Welt zu schauen. Teilweise lebt sie in Paris, empfindet Freiburg aber bis heute als „Ort gelebter Mondialität“.

Außer dem mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis werden bei der Feierstunde am 21. November im Historischen Kaufhaus zwei Stipendien mit je 3000 Euro vergeben; sie gehen an Fatma Sagir und Kai Weyand. Der Ehrenpreis geht an Marie T. Martin, die in ihrer kurzen Lebenszeit ein ungewöhnlich umfassendes und eigenwilliges literarisches Werk geschaffen hat.

Foto: © Britt Schilling