Franz Josef auf dem Klo: Kreativraum sWohnzimmer öffnet seine Türen in Freiburg STADTGEPLAUDER | 19.05.2022 | Till Neumann

Karoline Serediuk, Nadja Stiefel und Lisa-Marie Ganter Gemeinsam etwas schaffen: Das wollen Karoline Serediuk (von links), Nadja Stiefel und Lisa-Marie Ganter

Drei Frauen haben sich einen kleinen Traum verwirklicht: Sie haben an der Tullastraße in Freiburg einen Zweiraum-Kreativkosmos geschaffen, der ab sofort für Workshops, Seminare oder visuelle Kunst offensteht. Mit wenig Budget, aber vielen Ideen hat das Trio eine Wohlfühloase geschaffen. Einer ihrer ersten Nutzer schwärmt von einer „sauggemütlichen Parallelwelt“.

Goldener Vogel

Das Industriegebiet mit Fastfoodketten und Rotlichtpalast wirkt wenig einladend. Wer zum Gebäude an der Tullastraße 69 kommt, ahnt nicht, was ihn dort erwartet. Im Erdgeschoss stehen alte Autos in einer improvisierten Werkstatt. Über eine Metalltreppe geht’s nach oben. Nur ein Holzpapagei in einem Vogelkäfig lässt vermuten, dass dort keine grauen Wände sind.

Wer eintritt, ist meist baff, berichten die Macherinnen Lisa-Marie Ganter (33), Nadja Stiefel (34) und Karoline Serediuk (35). Durch die erste Tür geht’s in einen Wohnbereich mit Sofa, Plattenspieler, schicker Küche und einem großen Holztisch. An der Wand leuchtet ein rosa Schild mit dem Schriftzug sWohnzimmer. Eine Tür weiter steht eine Werkbank, daneben verbirgt sich ein kleines Bad in Rosa und Gold – über der Toilette trohnt ein Vogel Strauß. Sie nennen ihn „Franz Josef“. 

Gemütlich: der Hauptraum des sWohnzimmer kommt mit Couch, Gitarre und Leseecke daher

„Wollen nicht von den Profis lernen“

Ziert das Klo: Franz Josef

Die Macherinnen sitzen vor dem Gebäude in der Sonne und plaudern. Das Trio hat sich 2021 zusammengetan, um etwas zu schaffen, das ihnen in Freiburg fehlt: ein Raum, an dem man sich für Kreatives regelmäßig und ungezwungen treffen kann. Ganter knüpft Makramees, Serediuk steht auf 3D-Stickerei mit „Punch Needles“, Stiefel bereitet gerne alte Möbel auf. Zu ihren Leidenschaften möchten sie niederschwellige Workshops anbieten.

„Wir wollen nicht so von den Profis lernen, wir wollen lieber gemeinsam lernen“, sagt Stiefel. Jeder könne etwas von den anderen mitnehmen. Der Austausch soll in den Räumen im Vordergrund stehen. Die Teilnahme und Raumnutzung sollen erschwinglich sein. „Wir wollen damit nichts verdienen“, erklärt Serediuk. 

„Nur die Vorhänge sind neu“

Detailverliebt: ein Messerblock aus Büchern

Bisher war ein Dinner, ein zweitägiger Achtsamkeitsworkshop und ein HipHop-Videodreh in den Räumen. Filmemacher Sebastian Lucht ist angetan: „Ich liebe es, wie Lisa und ihre Leute jeden Teil der Einrichtung gezielt auf Flohmärkten und in Secondhandshops zusammengesucht und wieder hergerichtet haben.“ Sie hätten in einer Schrauberhalle in einem Industriegebiet eine sauggemütliche Parallelwelt geschaffen, so Lucht. Die Nutzungsmöglichkeiten findet er endlos.

Das bestätigen auch die drei Macherinnen. Was genau dort alles steigt, möchten sie aber auf sich zukommen lassen. Bisher gibt’s die Infos zum Raum  über die Instagramseite swohnzimmerfreiburg. Auch Workshop-Anmeldungen laufen dort.

Für die Einrichtung hat das Team rund 3000 Euro hingelegt und unzählige Stunden investiert. DIY ist die Devise. „Nur die Vorhänge sind neu“, erklärt Ganter. Der Rest ist gebraucht oder gesponsert. Ihre Idee: Gemeinsam etwas schaffen, das gemeinsam genutzt wird, um sich zu entfalten. Bei dem schicken Ambiente dürfte das ankommen. Zum Start laden sie zum Kickoff-Flohmarkt ein. Er steigt am 14. Mai ab 13 Uhr. 

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Fotos: © Alissia Ingra, Till Neumann