Hoch gehandelte Niederschläge: Neue Regenwasserbewirtschaftung am Beispiel Lokhalle Freiburg business im Breisgau | 12.11.2020 | bib

Sickertunnel Die Sickertunnel an der Lokhalle hören auf den Namen CaviLine.

Klimawandel, Starkregenereignisse, Dürreperioden: Jahrzehntelang war Regenwasser hierzulande einfach da, wurde in großen Kanälen – meist noch in Mischwassertrassen
zu den Klärwerken transportiert. Beseitigt.
Einen Wert hatte es nicht. Das ändert sich. Eine besonders große Anlage zu einer nachhaltigen Versickerung ohne Kanalanschluss gibt es nun an der Lokhalle Freiburg. Zum Pressetermin kamen rund 30 Journalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Die Firma Mall Umweltsysteme aus Donaueschingen hatte zwei dezentrale Anlagen geliefert. Das Ingenieurbüro Aqua Technik Freiburg hatte geplant, die Denkmalschutz und Bauservice Baden GmbH eingebaut. Die Anlagen entwässern nun das rund 14.000 Quadratmeter große Grundstück durch Filterschächte und geben nahezu schadstofffreies Wasser ins Grundwasser ab. Mall-Technik-Chef Martin Lienhard erklärte, wie das in den Filtern liegende Sorptionsmaterial ViaSorp belastete Stoffe vom Reifenabrieb, von Bremsen oder Oberflächen herausfiltert: „Wir geben gute Ionen hinzu und die tauschen damit die bösen Jungs aus.“

Bei Dürreperioden kann das aufgefangene Wasser auch noch zur Bewässerung der Grünanlagen beitragen. „Wir haben uns für das Mall-System entschieden, weil es nachhaltig ist, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis hat und wir die Anlagen jederzeit zu Wartungszwecken begehen können“, kommentierte Lokhallen-Eigentümer Frank Böttinger.

Die Versickerungsanlage hört auf den Namen CaviLine und besteht aus zum Erdreich hin offenen Stahlbetonhalbschalen, die hinter Verteiler- und Filterschächten liegen und unterirdisch eingebaut werden, damit die Fläche oberhalb für andere Nutzungen frei ist: An der Lokhalle etwa für Artenschutz- oder Parkplatzflächen.

Regenwasser zu speichern, ist eine Zukunftsaufgabe. Nach einer Marktbefragung von Mall, an der im vergangenen Sommer mehr als 5000 Architekten, Ingenieure, Baustoffhändler, Behörden und Hochschulen beteiligt waren, glauben 98 Prozent, dass Lösungen zur dezentralen Regenwasserbewirtschaftung künftig mindestens so kräftig oder noch kräftiger nachgefragt werden als heute schon.

Sponge-Cities, Schwammstädte, ist das neue Zauberwort. Sie nehmen Wasser auf, speichern es und nutzen es dann, wenn es gebraucht wird. Dabei geht es nicht nur um Versickerungsanlagen, sondern auch um begrünte Dächer oder Fassaden. Referent Heiko Sieker, Honorarprofessor für Urbane Hydrologie an der Technischen Universität Berlin, zählte die vielfältigen Vorteile von Schwammstädten auf: Vermeidung von Hitze-Inseln im zunehmend versiegelten urbanen Raum, Versorgung des Stadtgrüns in Trockenzeiten, besserer Hochwasserschutz, Verbesserung des Stadtklimas. Das Paradebeispiel ist die Rummelsburger Bucht in Berlin.

Mall-Geschäftsführer Markus Grimm bezeichnete den Unternehmensbereich als einen der „Wachstumsfaktoren“ im Unternehmen, das im vergangenen Jahr mit 490 Mitarbeitern rund 84 Millionen Euro umgesetzt hat – 30 Prozent mit Systemen zur Regenwasserbewirtschaftung. Die Zeit, Niederschläge einfach zu beseitigen, geht vorbei. Regen wird zum Wertstoff. Ökologisch und ökonomisch.

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