Kein Aspirin für Jos Fritz – Seit 50 Jahren werden in der ehemaligen Kohlenhandlung Specht Bücher verkauft Featured | 04.05.2025 | Erika Weisser

Team Jos Fritz Buchhandlung Sie brennen für Bücher: das Jos-Fritz-Team vorm Laden in der ehemaligen Kohlenhandlung an der Wilhelmstraße.

Seit dem 25. April 1975 wird im Erdgeschoss des Hauses Wilhelmstraße 15 nicht mehr mit Brennmaterial gehandelt, sondern mit Büchern: In die Räume der früheren Kohlenhandlung Specht zog mit Jos Fritz ein ganz und gar ungewöhnlicher Buchladen ein, der sich damals noch das Etikett „politisch“ anheftete. Der Laden ist – inzwischen ohne das Etikett – immer noch an Ort und Stelle. Dieses Ereignis wird heuer natürlich gebührend gefeiert, mit einer so informativen wie amüsanten „Jubelschrift“ und einem Festakt am 3. Mai im E-Werk.

Eigentlich hätte die von 40 undogmatisch-linken Gesellschaftern um Michael Berger und Klaus Theweleit gegründete Buchhandlung anders heißen sollen: In den bewegten Zeiten der 1970er-Jahre wäre nach Auffassung der Gründer „Aspirin“ passend gewesen – in Anlehnung an ein Gedicht des salvadorianischen Lyrikers Roque Dalton, nach dem der Kommunismus „ein Aspirin von der Größe der Sonne“ sein werde. Was vom Pharmakonzern Bayer schnellstens verhindert wurde: Man wollte den Namen des populären Schmerzmittels auf keinen Fall ausgerechnet mit einem linken Buchhändler-Kollektiv teilen und drohte mit einer Unterlassungsklage.

Buchhandlung Jos Fritz

Edwin Gantert, Mitglied dieses Kollektivs und mit den 450 Jahre zuvor stattgefundenen Bauernaufständen und deren Protagonisten besonders bewandert, brachte dann Jos Fritz ein. Das kam „genau zur richtigen Zeit“, wie Heidemarie Schlenk sagt, die seit 35 Jahren zum Team gehört: Der Widerstand der Bauern gegen das KKW Wyhl „atmete denselben Geist“ wie die Bundschuh-Erhebungen gegen die Obrigkeit, bei denen Jos Fritz ein Anführer war. Und auch der Anspruch des Kollektivs, die linke Politszene mit Literatur aus kleinen Verlagen (darunter dem eigenen) zu versorgen, entsprach dem selbst-aufklärerischen Wirken von Jos Fritz & Co.

Die Produktionen kleiner Verlage gehören immer noch zum selbstverständlichen Sortiment des Ladens. Doch „Dreh- und Angelpunkt der links-alternativen Szene“ sei er längst nicht mehr, sagt Heinz Auweder, der sich noch gut an so manche Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit den Häuserkämpfen erinnert. Er gehört seit 48 Jahren zum heute elfköpfigen Team, inzwischen nur noch im Buch-Lieferservice, einem gut funktionierenden System, das den Laden über die Corona-Zeit gerettet hat. „Dank unserer treuen Stammkunden, die mit uns alt geworden sind“, merkt Heidemarie Schlenk an.

Es kommen indessen auch immer mehr junge Leute in den Laden, stellt Jonas Wegerer fest, der seit vier Jahren in dem Geschäft ohne Chef und außerbetriebliche Gewinnabschöpfung arbeitet. Das liege sicher daran, dass Jos Fritz nicht auf eine ideologische Linie festgelegt sei, dass eine „große Offenheit“ herrsche. Allerdings mit einer klaren Grenze: „Bücher aus rechten Verlagen bestellen wir nicht.“ 

Foto: © Bernd Schumacher