Kleines Team, großes Kino: Zwei Kreativköpfe machen animierte Videos für Seeed & Co. Start-ups | 22.05.2023 | Till Neumann

Ein Cartoonbild von zwei Männern in einem Labor Aufwendig: Das Overtoon-Team steckt viel Zeit in die Videos.

Mit aufwendigen Animationsvideos und Illustrationen haben sich zwei Tüftler aus Freiburg einen Namen gemacht. Drei Studios leiten sie und basteln mit einem neunköpfigen Team an Filmen und Grafiken für Firmen und Künstler. Sie haben unter anderem für Seeed, Marteria oder Schmyt gearbeitet.

Seeed klopfen an

Eine Tänzerin räkelt sich im Rotlicht, finstere Gestalten stehen am Rande einer Brücke, ein Sportwagen rast vorbei. Die Szenerie im Musikvideo „Monoton“ von Majan, Schmyt und Megaloh ist düster, wie so oft in den Videos der Overtoon Studios. Die Geschäftsführer Martin Fischer und Nico Dörle haben mit solchen Produktionen in den vergangenen Jahren von sich reden gemacht. Sie haben für Größen der Musikindustrie gearbeitet – auch durch Zufall. „Wir waren zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“, erzählt Nico Dörle.

Nach der Veröffentlichung ihres ersten Videos legte die Pandemie das Land lahm: „Filmdrehs wurden abgesagt, die Leute wollten animierte Videos“, erzählt der 27-Jährige. Sein Kollege Martin Fischer (40), der als „Marsen“ auch Musiker ist, hatte Kontakte zu Universal und Sony. In der Szene sprachen sich ihre Skills rum. Seeed klopften an, genau wie der Rapper Megaloh oder Moses Pelham und Marteria.

„14 Stunden durchgeballert“

Gestartet hat Martin Fischer das Unternehmen 2017 mit seinem Kollegen Vincent Beck. Für den Freiburger Rapper Chabezo arbeiteten sie am ersten Musikvideo „Lovers & Haters“. 2018 zogen sie in den Kreativpark an der alten Lokhalle. Nico Dörle stieg als Praktikant ein. Ihr Ansatz: „Lasst uns was Großes draus machen.“ Im Rückblick war die Zeit heftig: „Wir haben während Corona drei Wochen mit mindestens 12 bis 14 Stunden im Studio durchgeballert“, erzählt Dörle. Ins Chabezo-Video hätten sie mehr als 1000 Stunden Arbeit gesteckt. Das hat sich auch für den Künstler gelohnt: „Ich weiß, dass sie viel Zeit dafür gebraucht haben und finde nach wie vor die Ergebnisse einfach mega schön und aussagekräftig“, sagt Peter Stöcklin alias Chabezo.

Martin Fischer und Nico Dörle

Haben ein Faible für Animiertes: Martin Fischer (li.) und Nico Dörle

Seit 2021 haben sie ihr Team vergrößert. Der Fokus liegt aktuell nicht auf Musikvideos. Für Firmen wie Liebherr, Haufe oder das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme machen sie mit ihrem „studio3eck“ Animationen und Erklärfilme. Ihr zweites Standbein ist das „Studio Wilma“ mit Videos für Kinder und Jugendliche. Auch dort arbeiten sie für größere Firmen. Auftraggeber sind mittlerweile auch das Umweltministerium oder das Bundesamt für Strahlenschutz.

„Düster und dreckig“

Sie merken oft: Ihre Arbeit ist erklärungsbedürftig. „70 Prozent der Leute wissen nicht, was Animation kann“, sagt Dörle. „Viele denken an Biene Maja oder die Sendung mit der Maus.“ Wer ihre Overtoon-Musikvideos gesehen hat, wird eines Besseren belehrt. Sie selbst nennen die Arbeiten „düster und dreckig“. Kein Wunder, dass der Europa-Park sie mit einen Trailer für das Horror-Format „Traumatica“ beauftragt hat.

Vieles haben sie autodidaktisch gelernt: „Eigentlich wollte ich schon immer Trickfilmzeichner werden und so was wie die „Looney Tunes“ oder die „Ren & Stimpy Show“ machen“, sagt Fischer. Da Kunden fragten, ob sich die Grafiken auch animieren lassen, brachte er sich das selbst bei. Auch Dörle ist gelernter Grafikdesigner und erzählt von learning by doing. Heute sind sie bundesweit gefragt und probieren viele Stile und Techniken aus. Ihr Ansatz: „Wir wollen nicht unbedingt besonders sein, lieber besonders gut.“ Der Traum hinter Overtoon: Wie die „Gorillaz“ eigene Musik produzieren und dazu animierte Videos machen.

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Illustration: © Overtoon, Fotos: © Felix Groteloh