Kleineschholz kostet jetzt 80 Millionen Euro: 40 Millionen aus Erbbauzinsen und 40 Millionen aus der Rathaus-Schatulle Stadtentwicklung | 25.05.2023 | Lars Bargmann

Künftiges Neubaugebiet Kleineschholz in Freiburg

Das geplante Freiburger Neubaugebiet Kleineschholz wird – je nach Betrachtung – bis zu zehn Millionen Euro teurer als geplant. Grund sind vor allem gestiegene Finanzierungszinsen und Baupreise.

Mit dem fast 20 Fußballfelder großen Quartier Kleineschholz soll ein innovatives und urbanes Wohnquartier mit rund 500 Wohneinheiten neben dem Rathaus im Stühlinger entstehen. Als Bauherren sind ausschließlich „gemeinwohlorientierte“ Akteure adressiert. Und diese, Baugruppen, Baugenossenschaften, Mietshäusersyndikate, sollen auch 250 öffentlich geförderte Mietwohnungen bauen, in denen die Miete 30 Prozent unter dem Mietspiegel liegen muss. Das Freiburger Rathaus will diesen Akteuren die Grundstücke nur im Erbbaurecht überlassen. Was der ohnehin schon sehr ambitionierten Finanzierung keineswegs hilft. Auch wenn die Bauherren die Erbbauzinsen mit einer einmaligen Zahlung ablösen können. Anstatt die Grundstücke über 99 Jahre zwei bis drei Mal zu bezahlen.

Der durchschnittliche Grundstückswert wird aktuell auf 1870 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche taxiert, wenn auf diesem 2,2 Quadratmeter Wohnflächen gebaut werden können. Auf diesen Wert habe die Stadt keinen Einfluss, da er aus einer gutachterlichen Bewertung aus dem Wertermittlungsverfahren nach gesetzlichen Regelungen hervorgegangen ist.

Die städtische Projektgruppe rechnet nach jüngsten Zahlen mit Ausgaben in Höhe von 80,6 Millionen Euro. 27,5 Millionen kosten die teuren Flächen der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) und der Arbeitsagentur, mit 6,38 Millionen Euro schlagen die Abschläge bei den Erbbauzinsen für den sozialen Wohnungsbau zu Buche, gut 9 Millionen sind für Freianlagen, mehr als 10 Millionen für Ausgleichsmaßnahmen und Infrastruktur zu stemmen.

Das Rathaus prognostiziert auf der Einnahmenseite 80,7 Millionen Euro. Knapp 40 Millionen Euro aus den Ablösen der Erbbauzinsen und 13 Jahre lang je 3 Millionen aus der RathausSchatulle. So steht es in der Kosten- und Finanzierungsübersicht, die die Verwaltung am 25. April dem Gemeinderat vorgelegt hat.

Um die städtischen Entwicklungsziele, wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die Unterstützung besonderer sozialer und ökologischer Projekte, zu realisieren, hat die Verwaltung dem Gemeinderat die neuen Zahlen nun vorgelegt. Die enthalten neben den Finanzierungskosten (2,4 Millionen Euro) auch 6 Millionen für die „Abmilderung der verschlechterten Rahmenbedingungen“. Wofür diese konkret ausgegeben werden sollen, werde im Vermarktungskonzept stehen, das im Herbst fertig sein soll.

Wie attraktiv dies für die Akteure sein wird, muss sich allerdings erst noch weisen. Dass der soziale Mietwohnungsbau defizitär ist, ist mittlerweile auch im Gemeinderat gängiges Verständnis. Die Förderungen des Landes, die im Prinzip allein aus zinsverbilligten Krediten bestehen, reichen schon seit Jahren nicht aus, um dieses Defizit auszugleichen. Aktuell liegen sie je nach Programm bei rund 1,6 Prozent. Vor der Zinswende lagen sie bei 0 Prozent.

Das Defizit könnte auch über die frei finanzierten Wohnungen ausgeglichen werden. Die sich damit aber noch weiter verteuern – egal, ob zur Miete oder im Eigentum. Zwar ist das politisch gar nicht gewollt, wird aber offenbar als Kollateralschaden angesehen. Statt den hausgemachten 50-Prozent-Beschluss für geförderte Mietwohnungen zu hinterfragen, richten sich die Hoffnungen und Forderungen der Freiburger Politik – und auch lokaler Kommentatoren – lieber nach Stuttgart.

Foto: © Lars Bargmann