Mehr Cybercrime und Gewalt gegen Polizei: Zahl der Straftaten im Pandemiejahr insgesamt zurückgegangen Gesellschaft | 30.03.2021 | Philip Thomas

Cyberkriminalität und Gewalt

Exakt 21.122 Straftaten wurden 2020 in Freiburg registriert. Der niedrigste Wert in den vergangenen zehn Jahren. Das geht aus der aktuellen Kriminalstatistik der Polizei hervor. Insgesamt registrierte das Präsidium 2025 oder 8,7 Prozent weniger Verbrechen als 2019. Diebstähle, Drogendelikte, Betrugsfälle, Gewalt- und Straßenkriminalität gingen zurück. Sexualstraftaten und Gewalt gegen Polizei und Helfer nahmen hingegen zu.

Zum zweiten Mal in Folge verpasst Freiburg den zuvor jahrelang abonnierten unrühmlichen Titel als kriminellste Stadt in Baden-Württemberg. Pro 100.000 Einwohner wurden im Stadtgebiet 5532 Straftaten aufgenommen, 2019 waren es 6117. „Bei allem, was wir bislang im Positiven erreicht haben, wissen wir aber auch, dass wir noch immer zu den am stärksten durch Kriminalität belasteten Polizeipräsidien im Land gehören“, sagt der Freiburger Polizeipräsident Franz Semling.

Auch in den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Lörrach und Waldshut waren die Zahlen rückläufig. Insgesamt zählte das Polizeipräsidium Freiburg 58.690 Straftaten und damit den geringsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Aufgeklärt werden konnten 63,2 Prozent aller Delikte.

Im Jahr leergefegter Straßen gingen vor allem die Straftaten im öffentlichen Raum zurück. 2020 wurden 28.193 Delikte verzeichnet, im Jahr zuvor waren es noch 31.215. Das entspricht einem Rückgang von fast zehn Prozent und einem Fünf-Jahres-Tiefstwert sowie der besten Entwicklung unter allen Großstadt-Polizeipräsidien im Bundesland. „Bürgerinnen und Bürger können sich durch unsere Arbeit überall und zu jeder Zeit sicher fühlen“, bilanziert Semling. Derweil liegt die Freiburger Aufklärungsquote von derlei Delikten mit 59 Prozent knapp im Landesdurchschnitt (59,1 Prozent).

Täter kommen nicht Davon

Auf einem Zehn-Jahres-Tiefstand liegen auch sogenannte Straftaten gegen das Leben wie Mord und Totschlag. Im Einsatzgebiet des Polizeipräsidium Freiburg gingen diese Taten um 29 Prozent – dem höchsten prozentualen Rückgang in ganz Baden-Württemberg – auf insgesamt 19 Fälle zurück. In 63 Prozent blieb es beim Versuch.

„Dennoch ist jeder Fall ein Fall zu viel. Unsere hohe Aufklärungsquote von knapp 95 Prozent zeigt, dass wir mit unserer professionellen Ermittlungsarbeit ein klares Zeichen setzen. Derartige Täter kommen bei uns nicht ungeschoren davon“, betont der Leitende Kriminaldirektor Arno Englen. Ebenfalls rückläufig ist die Zahl erfasster Drogendelikte im Stadtgebiet. Schlug die Polizei 2019 noch 2249-mal gegen Rauschgiftkriminalität zu, gab’s im vergangenen Jahr noch 2026 Zugriffe.

Hanf-zucht

In Zeiten ausgefallener Urlaubsreisen, Lockdowns und verstärkter Arbeit im Home-Office sank auch die Anzahl der Wohnungseinbrüche in Freiburg um rund 58 Prozent auf einen absoluten Tiefstwert: Nur 123 Einbrüche sind registriert, bei etwas weniger als der Hälfte blieb es beim Versuch. Im pandemiefreien Jahr 2019 waren es noch 292 Einbrüche.

»Mehr sexuelle Straftaten«

Auffallend viele Fälle von häuslicher Gewalt, wie andernorts vielfach berichtet, wurden laut Polizeisprecher Michael Schorr im Bereich des Freiburger Präsidiums nicht aufgenommen. Ein Prozent mehr, insgesamt 1453, angezeigte Straftaten registrierte die Polizei in diesem Bereich.

Immer mehr Verbrechen finden mittlerweile am Laptop statt. Im Bereich der Computerkriminalität hatte das Polizeipräsidium mit 985 Fällen einen Anstieg um 177 Straftaten oder 22 Prozent zu verzeichnen. Besserung in diesem Felde ist laut Englen erst mal nicht in Sicht: „Das ist ein Deliktsbereich, der uns auch in den nächsten Jahren massiv in Atem halten und einen Schwerpunkt unserer Arbeit bilden wird.“

Besorgniserregend sei auch der Anstieg von Gewalt gegen Polizeibeamte und Angehörige von Hilfsorganisationen. 579 Übergriffe auf Beamte und elf auf Angehörige von Hilfsorganisationen markieren den unrühmlichen Höchststand der Zehn-Jahres-Statistik. Das entspricht den zweithöchsten Werten im gesamten Land. „Das sind alarmierende Zahlen. Es kann und darf nicht sein, dass diejenigen, die die Gesellschaft vor Übergriffen schützen und stets dann zur Stelle sind, wenn Hilfe am dringendsten benötigt wird, zur Zielscheibe von Hass und Gewalt werden“, sagt Semling. Er verspricht, „dies auf allen Ebenen konsequent zu verfolgen und mit aller Härte zu bestrafen“.

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind ebenfalls auf dem Vormarsch. Im Vergleich zum Vorjahr nahmen sie um 13,5 Prozent zu. Das entspricht dem Landesniveau (13,8 Prozent). In Emmendingen und im Breisgau-Hochschwarzwald liegen die Werte bei 28,7 sowie 34,5 Prozent. Insgesamt zählte die Polizei Freiburg hier 1040 Delikte, 915 von ihnen konnten aufgeklärt werden.

Auch hier verlagern sich viele Verbrechen ins Netz: Im öffentlichen Raum gingen Sexualdelikte um 1,6 Prozent zurück, jedoch gibt es einen deutlichen Anstieg bei der „Verbreitung pornografischer Schriften“, etwa durch Whatsapp-Gruppen. Gerade bei Kindern sei ein Anstieg um 60 Prozent erkennbar, auch bei jugendlichen Tätern zeigt die Kurve mit 35 Prozent steil nach oben.

„Diese Entwicklungen, insbesondere bei den ganz jungen Menschen, verfolgen wir mit wachsamem Blick“, sagt Semling, der mit digitalen Präventionsangeboten an die Schulen gehen will. Laut seinem Kollegen Schorr ist die Freiburger Polizei für das digitale Zeitalter gerüstet: „Wir sind in diesem Bereich sehr gut aufgestellt und verfügen über hoch qualifiziertes Personal.“

Info

Gesamtstraftaten im Jahr 2020

Freiburg:
21.122 Fälle (-2.025 / -8,7 Prozent)

Breisgau-Hochschwarzwald:
10.963 Fälle (-1.089 / -9 Prozent)

Emmendingen:
6.187 Fälle (-101 / -1,6 Prozent)

Lörrach:
14.384 Fälle (-2255 / -13,6 Prozent)

Waldshut
6.034 Fälle (-534/ -8,1 Prozent)

(Quelle: Kriminalstatistik 2020,  Polizeipräsidium Freiburg)

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