Schaurige Orte und Taten: Das Rennen um den Freiburger Krimipreis Kultur | 16.06.2022 | Erika Weisser

Porträt: Anne Griesser

Anne Grießer wartet „schon ziemlich gespannt“ auf den 25. Juni: Dann ist Einsendeschluss für die Kurzkrimis, die im Rennen um den alle drei Jahre verliehenen Freiburger Krimipreis miteinander konkurrieren. Und dann beginnt die eigentliche Arbeit der Vorsitzenden des gleichnamigen Vereins.

Grießer muss die Beiträge erstlesen, sie nach inhaltlichen oder örtlichen Aspekten sortieren, nummerieren und unter strikter Wahrung der Anonymität an die dreiköpfige Jury weiterleiten. Obwohl sie bei den bisher vergebenen Krimipreisen jeweils zwischen 50 und 100 Einsendungen zu lesen hatte, übernimmt sie diese Aufgabe „sehr gerne“. Denn sie entdecke dabei stets „ganz fantastische und verblüffend gut geschriebene Geschichten“.

Häufig seien auch talentierte junge Autor·innen dabei, die sich zum ersten Mal trauten, anderen einen selbst verfassten literarischen Text zur Bewertung vorzulegen. Darüber freut sich die nicht nur im Genre des Regio-Krimis bewanderte Schriftstellerin ganz besonders: Es sei ihr ein „großes Anliegen, jungen Kolleg·innen eine Plattform zu bieten und sie bekannt zu machen“.

Die eingesandten Geschichten verbleichen nach der Ermittlung der drei Preisträger·innen nämlich nicht etwa in einer verstaubten Schublade. Die spannendsten, einfallsreichsten und auch literarisch am besten gelungenen Krimis werden in einer Anthologie veröffentlicht, die Grießer im Jahr nach der Preisverleihung herausgibt. Darin sind neben den prämierten Geschichten und neuen Kurzkrimis bereits bekannter Regio-Krimi-Autor·innen auch die Stories enthalten, die Grießer und die Jurymitglieder „besonders überzeugend“ finden.

Drei Sammelbände mit einer „sehr spannenden und anregenden Mischung an kriminellen Geschichten“ sind bereits erschienen. Und alle hatten, gemäß den thematischen Vorgaben des jeweiligen Wettbewerbs, einen anderen Schwerpunkt. Konnten die Teilnehmenden 2013 ihre mörderischen Fantasien noch einfach um Freiburger In-Orte spinnen, so mussten sie 2016 auf historische Schwarzwälder Ereignisse und Entwicklungen Bezug nehmen, in deren Umfeld Verbrechen hätten geschehen können. Und 2019 ging es im Hinblick auf das Stadtjubiläum um viel Recherche: um wahre Kriminalfälle in der Geschichte Freiburgs.

Von der nächsten Anthologie kennt Anne Grießer bisher nur den Titel: „Freiburg morbid“. Denn die Preisausschreibung 2022/23 hat Orte zum Thema, die als verloren, verlassen oder vergessen gelten. „Lost Places“ wie Geisterbahnhöfe, stillgelegte Steinbrüche, Autofriedhöfe, nutzlose Bunker, ausgediente Industrieanlagen, geschlossene Schwimmbäder, alte Kultplätze – mystische und schaurige Orte, zu denen schaurige Taten passen.

Zwar hat Grießer bisher erst „ungefähr 20 Zuschriften“ erhalten. Doch erfahrungsgemäß treffen die meisten dicken Umschläge „in den letzten zehn Tagen vor der Deadline“ ein. Sie hofft auch beim vierten Freiburger Krimipreis auf rege Beteiligung.

INFO:
freiburger-krimipreis.de

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