»Verbesserung um Faktor 150«: Freiburger Forschende entwickeln Teleskop für Raumstation ISS Szene | 03.01.2022 | Philip Thomas

Mirro Telescope

Der Großteil unserer Erde ist mit Wasser bedeckt. Nur ein Prozent davon aber sind zugängliche Süßwasserreserven. Die wertvolle Ressource wird nicht effizient genutzt, sagen Forscher aus Freiburg und Jena. Gemeinsam haben sie ein Spiegelteleskop für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation ISS entwickelt. Der Prototyp ist der erste Teil eines Satellitenschwarms, der Wasserkreisläufe erstmals präzise messen kann und die Verschwendung beenden soll.

Wasser sparen

„Wasser wird in den kommenden Jahren der Rohstoff Nummer eins“, prognostiziert Max Gulde, Geschäftsführer von ConstellR, einem New-Space-Start-up mit Sitz in Freiburg. Um bis zu 40 Prozent werde der Bedarf bis zum Jahr 2030 steigen. Bereits heute haben laut UNICEF 2,2 Milliarden Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. „Das liegt auch daran, dass weltweit mehr als die Hälfte des Süßwassers verschwendet wird“, sagt der 31-Jährige.

Der größte Verbraucher von Trinkwasser ist die Landwirtschaft, schätzt die Welternährungsorganisation (FAO) – 70 Prozent der globalen Vorräte werden demnach auf Ackerland gegossen. Dort kann viel Wasser gespart werden: Der Europäische Rechnungshof stellt in seinem aktuellen Sonderbericht fest, dass EU-Regularien eine Verschwendung der wertvollen Ressource sogar begünstigen, auch weil Kontrollen fehlen. „Viele Felder werden schlicht überwässert“, fasst der Physiker zusammen.

Bilder in nie gekannter Auflösung

„Es geht nun darum, das Ausmaß zu quantifizieren und Prozesse zu optimieren“, sagt Gulde. Gelingen soll das große Unterfangen mittels eines kleinen Geräts: Ein neuartiges Instrument mit den Maßen eines Schuhkartons wird, so der Plan, aus dem Weltraum via Thermalinfrarotkamera die Oberflächentemperatur der Erde kartieren. „Wir können so Temperatur, Verdunstung und auch Wasserbedarf genau messen.“

Das Messinstrument soll Bilder in nie gekannter Auflösung liefern. Der zehn mal zehn Millimeter kleine Sensor des Weltraumteleskops kann auf der Erde Flächen von bis zu 25 mal 25 Kilometern abtasten. Ein Pixel hat eine Länge von 80 Erden-Metern. „Gegenüber bisherigen Teleskopen entspricht das einer Auflösungsverbesserung um Faktor 150“, erklärt Henrik von Lukowicz, Projektleiter am Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena. Die gewonnenen Daten werden anschließend von ConstellR aufbereitet und kommerziell vermarktet.

Datenbasis schaffen

Wie viel Entwicklung und Produktion des Prototyps genau gekostet haben, wollen die beiden Wissenschaftler nicht verraten. Bekannt ist aber, dass das Digital Innovation Hub Photonics (DIHP), eine vom Land Thüringen geförderte Initiative im Bereich Optik, das 50-köpfige Team von IOF, ConstellR und die auf Spiegelteleskope spezialisierte Fraunhofer-Ausgründung SPACEOPTIX Anfang des vergangenen Jahres mit insgesamt 100.000 Euro unterstützt hat. „Das Geld wurde bereits für die Entwicklung aufgebraucht“, lässt von Lukowicz durchblicken.

Seine Reise ins All antreten soll das Gerät am 19. Februar von der Wallops Flight Facility, einem Weltraumbahnhof der Raumfahrtbehörde NASA im US-Bundesstaat Virginia. Am 7. März soll das Teleskop auf der Internationalen Raumstation installiert werden und fortan den Planeten scannen. „Mit dem ersten Teleskop können wir bereits fast jeden Ort auf der Erde erreichen und so eine Datenbasis schaffen“, erklärt Gulde.

Um den blauen Planeten praktisch in Echtzeit zu kartieren, planen Gulde und von Lukowicz noch weitere Teleskope, eine sogenannte Konstellation, in die Umlaufbahn zu bringen. Die Satelliten sollen 2023 zu den Sternen aufbrechen.

Foto: © Fraunhofer IOF