Filmtipp: „In Liebe, eure Hilde“ zeigt die leise Widerständige Hilde Coppi Filmstart | 17.10.2024 | Erika Weisser

Hilde Coppi gehört nicht zu denen, die lautes Aufhebens um ihre Gegnerschaft zum Naziregime machen. Und nicht nur, weil dies in der herrschenden lückenlosen Bespitzelung äußerst gefährlich wäre: Sie weiß, dass in diesen verräterischen Zeiten das heimliche Hören von „feindlichen Sendern“, die Verbreitung aufklärender Flugschriften, die Frage nach „verschwundenen“ Nachbarn zur sofortigen Verhaftung führen würde. Und damit zu gnadenlosen Gestapo-Verhören, zu KZ-Haft, oft auch zum Todesurteil.

Sie ist ihrem Wesen nach eine zurückhaltende junge Frau, die ihre Überzeugung, ihre Begeisterung für eine Sache sowieso nicht an die große Glocke hängt. Eine, die von einem eingeschlagenen Weg nicht so leicht wieder abzubringen ist. Oder eher gar nicht: als sie im Sommer 1942 wegen „Vaterlandsverrats“ verhaftet und verhört wird, denkt sie nicht daran, sich von der Berliner Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack zu distanzieren, in der sie und ihr Mann Hans engagiert waren.

Der Film beginnt mit dieser Verhaftung, mit der sie schon gerechnet hat, seit Hans, Harro uns Arvid festgenommen wurden. Und so geht sie – zumindest äußerlich – gefasst und ruhig mit den Gestapomännern mit. Dass sie Angst hat, ist Liv Lisa Fries‘ ausgezeichnetem Spiel in Hilde Coppis Rolle dennoch anzumerken: Schützend hält sie die Hände über ihren Bauch und ihre Mimik verrät, wie sie fieberhaft darüber nachdenkt, was sei preisgeben kann, ohne den anderen zu schaden, dabei aber sich – und vor allem ihr ungeborenes Kind – nicht zu gefährden.

Sie schafft es – und durch ihre Ernsthaftigkeit verschafft sie sich im Frauengefängnis Barnimstraße bei manchen Aufsehern einen gewissen Respekt. Es wird deutlich, dass es für sie das Selbstverständlichste der Welt ist, gegen ein Unrechtsregime vorzugehen, und dass es dazu keine Ideologie, sondern einfach nur Menschlichkeit braucht. Und Liebe: Als sie gefragt wird, warum sie ihren Mann und dessen illegale Betätigung als Funker nicht gemeldet habe, sagt sie nur: „Weil ich ihn liebe“.

Diese Liebe, diese immer wieder aufscheinende Unbeschwertheit der beiden wird in vielen Rückblenden dokumentiert. Hier sind sie einfach junge Leute, die mit ihren Freunden zelten, schwimmen, wandern gehen und feiern, die sich verlieben, die Sex haben und leidenschaftlich vom Leben in Selbstbestimmung und Freiheit träumen. Und die sich deshalb in geheimen widerständigen Zirkeln engagieren.

Diese Liebe ist es auch, die Hilde Coppi in den Monaten vor ihrer Hinrichtung im August 1943 Lebenskraft gibt: zu ihrem im November 1942 geborenen Sohn Hans, zu ihrem Mann, den sie kurz vor seiner Ermordung im Dezember 1942 noch einmal sehen kann. Zu ihrer Mutter, der sie nach einem von Hitler persönlich abgelehnten Gnadengesuch ihren Sohn anvertraut. Er ist heute 81 Jahre alt  und „froh über diesen Film, der zeigt, welch liebende Menschen meine Eltern waren“ – und keine unerreichbare Helden.

In Liebe, eure Hilde
Deutschland 2024
Regie: Andreas Dresen
Mit: Liv Lisa Fries, Johannes Hegemann, Lisa Wagner, Alexander Scheer, Emma Bading u.a.
Verleih: Pandora Films
Laufzeit: 124 Minuten
Kinostart: 17. Oktober 2024

Bild: © Pandora