Das Ende der Kreidezeit: Freiburg will seine Schulen digital aufrüsten Schule / Schulreport | 29.01.2019 | Philip Thomas

Bei seinem Amtsantritt hatte Oberbürgermeister Martin Horn angekündigt, die Digitalisierung in Freiburg vorantreiben zu wollen. „Nun müssen Taten folgen“, sagte der 34-Jährige vor Journalisten im Rathaus. Konkret sollen in den kommenden sieben bis zehn Jahren alle 66 städtischen Schulen mit einer umfassenden digitalen Infrastruktur ausgestattet werden. Bis zu 60 Millionen Euro soll das Update mit Breitband, Beamern und Tablets kosten.

„Wir wollen, dass zu jeder Zeit und an jedem Ort in einer Freiburger Schule digital gelernt werden kann“, fasst Hermann Maier, Leiter des Amtes für Schule und Bildung, das ambitionierte Vorhaben zusammen. Denn aktuell zählt Freiburg in Sachen Digitales Lernen zu den Hinterbänklern. „Wir sind suboptimal ausgestattet, wir haben längst nicht überall Beamer und in den Klassenräumen auch kein WLAN, das bremst den Lernbetrieb“, sagt Dejan Mihajlovic, Lehrer an der Pes-talozzi-Realschule und Vorstandsmitglied im Zentrum für digitalen
Fortschritt D64. Umso mehr freut sich der 42-Jährige über die Pläne der Stadt. Die will nicht nur die Schulen an das leistungsfähige Breitbandnetz der badenIT anbinden, sondern auch alle Klassenräume verkabeln und den Schülern eine große Zahl flexibler Endgeräte wie Tablets zur Verfügung stellen. Insgesamt geht die Verwaltung von mehreren Tausend gleichzeitig genutzter Geräte aus.

Dafür sind im Etat der nächsten zwei Jahre 14 Millionen Euro reserviert „Es reicht aber nicht, nur einen Elektriker zu holen“, sagt Andrea Katzer-Hug, Leiterin des Gebäudemanagements. „Das ist eine große Herausforderung“, bestätigt Horn, der auf Förderungen aus Stuttgart und Berlin hofft. Mit der Einrichtung des neuen Amtes für Digitales und IT sei Freiburg den neuen Herausforderungen aber gewachsen. Für die Umsetzung sind in den nächs-ten zwei Jahren fünf weitere Personalstellen in verschiedenen Ämtern für knapp 650.000 Euro geplant.

Endlich Zukunft: Wie sehr sich Freiburger Schülerinnen und Schüler freuen dürfen, hängt auch vom Digitalpakt ab.

Bereits die Hälfte der Freiburger Schulen hat ein Konzept erarbeitet, wie man die neue Technik sinnvoll in den Unterricht einbringt und ob Schüler beispielsweise auch Geräte von zu Hause mitbringen können. Mihajlovic warnt davor, diese Debatten zu verkürzen. Denn zwar könne man flächendeckend an allen Schulen einen Unterbau ins-tallieren, die notwendigen Pläne müsste man allerdings noch individuell erarbeiten: „Das ist ein komplexes Thema, für das wir einen Dialog brauchen, der auch außerhalb der Schulen geführt werden sollte.“

Welche Schulen zuerst umgebaut werden sollen, ist noch nicht klar. Vom Land fließen aber noch in diesem Jahr 1,65 Millionen Euro nach Freiburg. Beim Zustandekommen des fünf Milliarden Euro schweren Digitalpaktes mit dem Bund würden knapp 650 Millionen Euro nach Baden-Württemberg gehen. Dazu ist allerdings eine Grundgesetzänderung notwendig, da bei Bund-Land-Projekten bisher eine 50/50-Finanzierung vorgesehen ist.

Für Bildungsbürgermeisterin Gerda Stuchlik stehen nicht nur steigende Personalkosten fest, Lehrer sollen im Fall einer Förderung auch vom Land ausgestattet und entsprechend geschult werden. Das soll den Freiburger Schülern zugutekommen: „Digitale Kompetenz ist von entscheidender Bedeutung, um die neuen Medien selbstbestimmt und verantwortungsvoll nutzen zu können.“ Vor diesem Hintergrund sieht auch Horn die Vernetzung junger Menschen positiv: „Früher habe ich Hausaufgaben im Bus abgeschrieben, heute schicken sich die Schüler ihre Unterlagen eben per Whatsapp.“ Auch für Mihajlovic ist der Ausbau längst überfällig: „Der kulturelle Wandel ist im vollen Gange. Das ist ein nie endender Prozess, für den nun die Strukturen gelegt werden müssten.“

Maier betont in dem Zusammenhang das rasante digitale Voranschreiten: „Was wir heute denken, ist übermorgen schon veraltet.“ Auch für Mihajlovic ist dieser Ausbau erst der Anfang: „Man sollte sich Gedanken machen, wie Lernen in der Zukunft aussieht: Ist ein Schulgebäude mit seinen aktuellen Lehrräumen bald noch zeitgemäß?“

Fotos: © Kopernikus Grundschul, pixabay.com