Auf den Spuren der Habsburger im Elsass Freizeit in der Regio | 10.07.2021 | Hubert Matt-Willmatt

Abbey Church

Die Habsburger prägten viele Jahrhunderte lang das Schicksal Europas. Ihre Geschichte lässt sich auf der Europäischen Kulturroute „Via Habsburg“ erkunden. Eine Spurensuche im Elsass eröffnet Einblicke in die Frühzeit der berühmten Dynastie.

Wer auf der schweizerischen Autobahn durch den Tunnel unter der Habsburg im Aargau hindurchrauscht, erhascht einen kurzen Blick auf den „Stammsitz einer Weltdynastie“. Der Beginn der habsburgischen Epoche lässt sich hier jedoch nicht verorten: Im Elsass finden sich Spuren der Habsburger aus einer Zeit, als sie diesen Namen noch nicht trugen.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die Legende um die um 660 blind zur Welt gekommene und spätere Heilige St. Ottilie. Sie war eine Tochter des Herzogs Eticho, auf den einige Habsburger die Ursprünge ihrer Familie zurückführen. Der Odilienberg / Mont Sainte Odile wurde deshalb zum Wallfahrtsort der letzten österreichischen Kaiserin Zita (1892–1989). Eine Reliquie ihres Mannes, des seliggesprochenen Kaisers Karl I., wurde 2018 in einem symbolischen Akt neben der Grabkapelle der Heiligen Ottilie beigesetzt.

Sainte Odile

Der Wallfahrtsort Odilienberg / Mont Sainte Odile.

Lückenlos nachweisbar ist die Verbindung von den Etichonen zu den Habsburgern nicht. Forscher vermuten, dass der erste Stammsitz der Familie im 757 erstmals erwähnten elsässischen Habsheim (Habsburg?) gelegen haben könnte. Aber auch hier fehlen drei Jahrhunderte verbindende Quellen.

Sichtbare Spuren der Ur-Habsburger stammen aus der Zeit um 1030, als Rudolf von Altenburg den Kirchen- und Klosterbau von Ottmarsheim stiftete. Geweiht wurde die oktogonal angelegte Kirche 1049 durch den „elsässischen“ Papst Leo IX. Er stammte aus dem Geschlecht der Eguisheimer, die den frühen Habsburgern verwandtschaftlich verbunden waren. Vorbild für den Bau war die Kaiserkapelle in Aachen. Heute zählt die Kirche zu den bedeutendsten Bauwerken der Romanik im Elsass. Bei Grabungen hat man im Zentrum des Oktogons einen Steinsarkophag gefunden, in dem vermutlich der Stifter Rudolf bestattet wurde. Dessen Bruder Radbot soll die Gipfelburg im Aargau gegründet haben, die seit 1108 nachweislich als „Habsburg“ bezeichnet wurde.

Ottmarsheim

Die Kirche von Ottmarsheim.

Mit einem anderen Rudolf, Graf Rudolf IV. von Habsburg, beginnen die meisten Stammbäume der Habsburger. 1273 zum römisch-deutschen König gewählt, eröffnete er als Rudolf I. der Dynastie den Weg vom besitzreichen Grafengeschlecht in die erste Liga der europäischen Fürstenhäuser. 1279 bis 1285 ließ er die Hohlandsburg errichten – das größte und repräsentativste Baudenkmal, das die Habsburger im Elsass hinterlassen haben. Die „steinerne Krone“ sollte die Freie Reichsstadt Colmar und die Westgrenze der vorderösterreichischen Territorien schützen. Heute bietet sich vom Standort aus 620 Metern Höhe eine atemberaubende Rundumsicht.

Die von 1279 bis 1285 errichtete Hohlandsburg.

Auch in Ensisheim baute Rudolf I. eine Burg, denn das heute beschauliche Städtchen an der Ill hatte strategisch wichtige Bedeutung. Von der „Königsburg“ sind nur Mauerreste erhalten. Nachfahren Rudolfs machten Ensisheim 1363 zur Hauptstadt der Habsburger – was beim Bummel durch die lauschigen Gassen in Vergessenheit geraten könnte. Sichtbares Überbleibsel aus der Habsburgerzeit ist das Regimentshaus (Hôtel de la Régence). Das Verwaltungsgebäude war im 16. Jahrhundert bis zum Ende des 30-jährigen Krieges die Schaltzentrale habsburgischer Macht über die österreichischen Vorlande, mit direktem Draht – bzw. Postkutschenverkehr – zur Hofburg nach Innsbruck. Heute befindet sich ein sehenswertes Museum in dem Renaissancegebäude.

Ensisheim

Regimentshaus (Hôtel de la Régence) in Ensisheim.

Es war eine Hochzeit, die den Aufstieg der Habsburger zu den wichtigsten Herren im Elsass überhaupt erst ermöglicht hatte: Am 13. März 1324 heiratete in Wien Johanna von Pfirt den – auf der Habsburg geborenen – Herzog Albrecht II. von Österreich. Sie brachte den Sundgau mit in die Ehe und weiteren wichtigen Landbesitz. Ein Ausflug in Johannas Geburtsort, das Städtchen Pfirt / Ferrette, ist lohnend: Historisch Interessierte wandern zur romantischen Burgruine, Gourmets probieren „Carpe frite“, gebackene Karpfen, die Spezialität der Region. Die Karpfen haben es bis nach Wien geschafft: Dort, am Endpunkt der Via Habsburg, zieren sie das Kleid der Johanna-von-Pfirt-Statue am Stephansdom – in Stein gemeißelte Spuren der uralten elsässisch-habsburgischen Verbindungen.

Pfirt

Auf den Spuren der Habsburger im Städtchen Pfirt / Ferrette.

 

Buchtipp

Via Habsburg

Via Habsburg
Auf den Spuren einer europäischen Dynastie
von: Hubert Matt-Willmatt,
Fotos: Heinz Linke
Verlag: Tyrolia, 2020
224 Seiten
Preis: 24,90 Euro

 

Fotos: © Hubert Matt-Willmatt; Château du Hohlandsbourg; Eric Gaba – Wikimedia Commons user: Sting; Gwen Berson