Auf dem Prüfstand – Die Prädikatsweine der „Edition Schloss Bürgeln“ GASTRO & GUSTO | 14.05.2022 | Dorothea Wenninger

Schloss Büergeln

Ein geschichtsträchtiges Ambiente – Schloss ­Bürgeln im Markgräflerland – leiht einer traditionsreichen Weinlinie seinen Namen. Entgegen aller Modetrends bedient sie die überlieferten Qualitätskriterien für Wein: Von Kabinett bis Eiswein sind alle Prädikatsweine vertreten.

Die Erste Markgräfler Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim führt in ihrem Sortiment eine Linie mit dem klangvollen Namen „Edition Schloss Bürgeln“. Sie umfasst verschiedene Sekte und die ganze Palette an Prädikatsweinen: Kabinett, Spätlese, Auslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Diese Prädikate werden nur für Weine höchster Qualität vergeben. Historisch gesehen galten die Öchslegrade, also der Zuckeranteil in den Trauben, als Hauptkriterium bei der Beurteilung der Weinqualität. „Das änderte sich ungefähr um das Jahr 2010 oder vielleicht auch schon Ende des letzten Jahrhunderts“, erläutert Heiko Schapitz, geschäftsführender Vorstand der WG Schliengen. Das wärmere Klima führt zu früheren Ernten und vor allem zu einem höheren Zuckeranteil in den Trauben. Dadurch können höhere Öchslegrade leichter erreicht werden.

Ein Kabinettwein hat mehr Öchsle als ein Durchschnittswein, er muss mindestens 73 Grad Mostgewicht auf die Waage bringen. Er ist, wie alle Prädikatsweine, hohen Qualitätsanforderungen unterworfen, so darf zum Beispiel während der Gärung kein Zucker zugesetzt werden.

Von Kabinett bis Eiswein

Die Spätlese übertrifft einen Kabinett an Öchsle. Das kommt durch die längere Reife, da die Trauben später geerntet werden. Dadurch reichert sich mehr Zucker in der Traube an. Noch mehr Öchsle als eine Spätlese hat die Auslese. Hier werden die Trauben gezielt ausgelesen: Die Winzerin oder der Winzer geht durch die Reben und nimmt nur die Trauben, die genau auf den Wein passen, der entstehen soll – meistens werden das die vollreifen Trauben sein. Eine Auslese gibt es nur in ausgezeichneten Weinjahren, denn die klimatischen Voraussetzungen dafür sind nicht immer gegeben. 

Weinflaschen

Farbenspiel der Weine: die bernsteinfarbene ­Trockenbeerenauslese vor dem helleren ­Eiswein und dem rosafarbenen Weißherbst.

Nur alle fünf Jahre etwa kann man eine Trockenbeerenauslese ausbauen. Es braucht dafür ein gewisses Maß an Edelfäule: Der Schimmelpilz Botrytis cinerea muss die Trauben befallen haben. Er überzieht die Beeren mit einer grauen, unappetitlichen Staubschicht und macht sie porös, durchlässig für entweichende Feuchtigkeit. Dadurch steigt die Konzentration an Zucker und somit die Öchslegrade. „Eine Trockenbeerenauslese hat vielleicht um die 150 Gramm Restzucker“, weiß Weinkenner Schapitz. „Das macht einen klassischen Dessertwein aus. Man trinkt ihn quasi wie einen Likör.“

Noch mehr Restzucker als die rosinenartigen Trauben der Trockenbeerenauslese können die Beeren in die Flasche bringen, die man nach dem ersten Frost erntet: 200 Gramm und mehr. Mit konkreten Zahlen ist bei Likörweinen aber Vorsicht geboten. Dieser Ausbau ist jedoch ein eher selten es Erlebnis. Tritt der erste Frost zu früh ein, haben die Trauben noch nicht genügend Zucker und das Warten war vergebens. Bei der Eisweinherstellung gilt es, den Erntezeitpunkt gut abzuwägen: Die Trauben sollten so reif wie möglich sein, aber auch so gesund wie möglich, also zum Beispiel noch nicht vom Botrytis-Pilz befallen sein. Deadline ist in der Regel die erste Januarwoche.

Synonym für Qualität und Sorgfalt

„Früher ist man nur in besonders guten Jahren bis zur Auslese gekommen, in schlechten Jahren war es sogar mühsam, die Qualität eines Kabinetts zu erreichen“, berichtet WG-Vorstand Schapitz. Das ist heute anders. Hat die Klimaerwärmung dem Qualitätskriterium „Öchsle“ und den damit verbundenen Weinbezeichnungen den Garaus gemacht? „Kabinett oder Spätlese ist heute kein großes Thema mehr“, berichtet der Geschäftsführer. Und ein hoher Öchslegrad längst kein Synonym für hohe Weinqualität: „Aber wir messen halt heute in Öchslegraden. Der richtige Weinfreak, also ein ehrgeiziger Traubenproduzent, denkt nicht nur in Öchsle, der denkt wirklich in Begriffen wie physiologische Reife. Und da gehört halt mehr dazu als nur Zucker.“ Und warum hält die Winzergenossenschaft mit ihrer Weinlinie dennoch am überlieferten Öchslemaßstab fest? „Das ist trotzdem ein wertvolles Kriterium für uns“, erzählt Schapitz, „weil es aus der Historie kommt und auch, weil es ein Synonym ist für Qualität, Sorgfalt und liebevolles Beschäftigen mit einer Sache, die einem wertvoll ist.“

Info

Erste Markgräfler Winzergenossenschaft
Schliengen-Mülheim
Tel.: 07635 / 81120
www.sonnenstueck.de

Foto: © WG Schliengen, dw