Außergewöhnlich: Portwein aus dem Markgräflerland GASTRO & GUSTO | 22.05.2021 | Tanja Senn

Benefício Flaschen

Ein Portwein, der offiziell keiner ist: Die Erste Markgräfler Winzergenossenschaft (WG) hat einen neuen Likör produziert. Nachdem der erste sofort ausverkauft war, reift nun die zweite Auflage in den Schliengener Kellern.

Wer die Küstenstadt im Nordwesten Portugals besucht, kommt an deren hochprozentiger Spezialität kaum vorbei: Am Ufer des Duoro ziehen sich die Portweinlager den Hügel hinauf, während flussaufwärts die Trauben im geschützten, kontinentalen Klima heranreifen. Auch Michael Nußbaumer bekam bei seinem Besuch der Stadt die eine oder andere Kostprobe serviert – und war wenig begeistert: „Als Kellermeister ist man nicht angetan, wenn man etwas Braunes, Oxidiertes eingeschenkt bekommt.“ Ausnahme bildeten die jungen, rubinroten Portweine, sogenannte „Rubys“.

Im Ersten Kellermeister der Winzergenossenschaft Schliengen-Müllheim reifte die Idee, einen heimischen Portwein aufzulegen – mit einer fruchtigen, frischen Note. „Er sollte von leichten Holz- und Vanillenoten geprägt sein, wie man sie von unseren Weinen kennt.“ In der WG wurde die Idee gleich begrüßt. Ein Portwein aus dem Markgräflerland? Das hörte sich spannend an. Auch wenn die Spirituose natürlich offiziell nicht als Portwein deklariert wird – die geschützte Bezeichnung ist den Tropfen aus dem Duoro-Tal vorbehalten.

„Kleine Spielerei“

So gingen im vergangenen Jahr 680 Flaschen „Benefício“ – spanisch für Wohltat – in den Verkauf. Innerhalb von drei Monaten waren sie ausverkauft. Mit diesem Andrang hatte niemand gerechnet. Doch für Nußbaumer war es ein Signal, mit seiner „kleinen Spielerei“ weiterzumachen. Aktuell reift die zweite Generation in den Kellern. Sie soll diesmal rund 1600 Flaschen ergeben. Kommt das ebenfalls gut an, wird ihre Zahl im kommenden Jahr auf 5000 erhöht. Dafür werden dann sogar original Portweinfässer bestellt, die deutlich größer sind als die Barriquefässer, in denen die Spirituose momentan lagert. Dadurch werden die Holzaromen noch etwas weiter in den Hintergrund rücken. Auf lange Sicht kann sich Nußbaumer sogar vorstellen, die WG um eine eigene Destille zu erweitern, um Weinbrand selbst herzustellen, der den Markgräfler Port noch einmal auf ein anderes Niveau heben würde – passend zur hervorragenden Qualität der Trauben.

Kellermeister Michael Nußbaumer

Sein Gaumen entscheidet, wann der Likör bereit ist zur Abfüllung: Der Erste Kellermeister Michael Nußbaumer bei der Verkostung.

Um die Tradition zu wahren, werden die Trauben nämlich von Hand geerntet. Die Rebstöcke, die dafür in Frage kommen, sucht Nußbaumer gezielt aus. Natürlich ist der badische Spätburgunder deutlich leichter als die portugiesischen Rotweine, die sonst für den Portwein zum Einsatz kommen. Für den fruchtigen Benefício ist das aber nur von Vorteil.

Erreicht der junge Wein im Maischegärtank den gewünschten Restzucker von 100 bis 110 Gramm pro Liter, muss alles ganz schnell gehen: Der Wein wird zunächst in Edelstahltanks umgelagert und mit hochprozentigem Alkohol veredelt, sodass die Gärung stoppt. „Dabei kommt es auf jede Minute an“, sagt Nußbaumer. Gärt der Wein zu lange, wird er zu trocken. Im vergangenen Jahr hätten sie den richtigen Zeitpunkt „fast verschwitzt“, gesteht der Kellermeister. „Wir haben ihn in der letzten Minute rausgeholt. Fünf Mann haben alles stehen und liegen lassen und sind rumgerannt, damit wir den Zeitpunkt nicht verpassen.“

Haben sich die Trübstoffe abgesetzt, kommt die Spirituose in die kleinen Barriquefässer, wo sie ein bis zwei Jahre lagert. Zweimal im Monat wird gekostet und entschieden, wann sie den perfekten Geschmack hat. Auch nach dem Abfüllen reift der Portwein noch weiter. Ihn zwanzig, dreißig Jahre zu lagern dürfte kein Problem sein, schätzt der 36-Jährige. Nur nach dem Öffnen sollte er innerhalb von drei Monaten getrunken werden. Nußbaumers Tipp: Zusammen mit Tonic Water ergibt der Likör einen fruchtigen Longdrink.

Solch eine „Wohltat“ könnte auch der Kellermeister aktuell gebrauchen. Obwohl die Reben bei Schliengen weniger hart von den Frösten Anfang April getroffen wurden als die Anbaugegend bei Freiburg, rechnet er dennoch mit einem Verlust von 20 bis 30 Prozent des Ertrags. „Und wir sind noch ganz am Anfang des Jahres“, zeigt er sich betrübt. Hagel im Sommer, Regen kurz vor der Lese, Rebkrankheiten oder die gefürchtete Kirschessigfliege könnten das Weinjahr 2021 noch weiter trüben. Wird das zumindest mit einer höheren Qualität einhergehen? Da winkt Nußbaumer ab: „Noch ist es zu früh, um das zu beurteilen. Da müssen wir uns in Geduld üben.“

Info

Der „Benefício“ kann bereits jetzt vorbestellt werden unter
Tel.: 07635 / 8 11 20

www.sonnenstueck.de