Aussteigen und abschalten! – Bahnhof Münstertal GASTRO & GUSTO | 10.09.2022 | Reinhold Wagner

Bahnhof Münstertal außen

Seit 2015 ist der Bahnhof Münstertal Startpunkt für kulinarische Reisen: Das denkmalgeschützte Gebäude, in dem einst Fahrkarten verkauft wurden, ist Gasthof statt Bahnhof und für Einheimische wie Reisende ein beliebter Treffpunkt.

Kaum einen Steinwurf von den Geleisen und der Endhaltestelle entfernt, ist der alte Bahnhof Münstertal erhalten geblieben. Wer heute mit der Bahn anreist, überquert die Belchenstraße und kehrt ein im historischen, aufwendig renovierten Gebäude, das sich seit 2015 als Café, Restaurant und Bühne einen guten Ruf weit übers Münstertal hinaus erworben hat. Doch bevor hier Kulinarik und Kleinkunst Einzug halten konnten, durchlebte der Bahnhof eine wechselvolle Geschichte: Mitten im Ersten Weltkrieg 1916 errichtet, als die Bahn aus Bad Krozingen kommend ab Staufen in die Verlängerung ging und bis nach Münstertal durchfuhr, begrüßte der repräsentative Empfangsbau die Reisenden. Mit der stolzen Pracht war siebzig Jahre später Schluss: Nach Gleissanierungen und Umbaumaßnahmen galt das Gebäude als „bahnbetrieblich überflüssig“ und ging schließlich 1993 in den Besitz der Gemeinde über. Nachzulesen ist dies im sorgfältig recherchierten Band „Die Münstertalbahn“ von August Villinger und Ludger Kenning (2016), die auch das Rätsel lösen, warum das Bahnhofsgebäude heute gleisfrei dasteht: Im Zuge der Elektrifizierung der Bahnlinie in den Jahren 2012 bis 2013 bekam der Bahnhof eine neue Zufahrt. Nach dem „Schienenraub“ zwischenzeitlich als Wohnhaus genutzt, endete der Dornröschenschlaf im Jahr 2015, als der Bahnhof nach Renovierung, Um- und Ausbau als Gasthaus wiedereröffnet wurde. Zwei Jahre darauf übernahm die im Betrieb tätige Konditormeisterin Sophie Jansen den Gasthof – und holte sich ihren Ehemann Philipp mit ins Boot.

Bahnhof Münstertal Wintergarten

Im großzügigen Wintergarten des Bahnhofs Münstertal treffen sich die Gäste zum Schmausen und Plauschen. Backsteinwände erinnern an die wechselvolle Historie.

Die ursprünglich aus Münstertal stammende Familie hatte sich bis dahin viel in der Welt umgesehen – Bäcker- und Konditormeister Philipp Jansen war zwischenzeitig in Asien und der Schweiz unterwegs – und fand auf diesem Weg wieder zusammen. Ein Schicksal, wie es für einen Bahnhof kaum passender sein könnte, der heute durch internationale Unterstützung in der Küche wie im Service vom bunten Miteinander an Erfahrung und der Freude am Experimentieren lebt.

Küchenchef Philipp Jansen hat sich für die Küche Unterstützung vom Syrer Nader Alsaho geholt, der so sein langjähriges Hobby zum Beruf machen konnte. Ihm zur Seite steht mit Carlo Riesterer ein weiterer Münstertäler. Der Ungar Istvan Kiss bereitet die Salate zu, während Philipp Jansen selbst zwischen der Küche und der hauseigenen Bäckerei und Konditorei wechselt. Wer so viel Selbstgemachtes unter einem Dach produziert wie Torten, Eis und Kuchen, aber auch das Brot, den Nudelteig für Maultaschen, Ravioli oder Pizza und selbst die Buns (die Brötchen für die beliebten Burger), der weiß, was er täglich zu tun hat. Dazu kommt die Organisation des kulturellen Angebots – wobei hier die reine Freude überwiegt, dass es nach zwei Jahren Zwangspause nun auch auf der Bühne endlich wieder losgehen kann. 

Bahnhof Münnstertal Nadar Alsaho Philipp Jansen

Schwarzwaldburger mit hausgemachten Buns bringt Küchenchef Philipp Jansen (rechts) im Bahnhof auf die Teller, unterstützt von Nader Alsaho (links).

Und so erwartet die Gäste im Bahnhof Münstertal ein vielfältiges Angebot mit kulinarischen Besonderheiten und kulturellen Auftritten: Mittwochs gibt es den „Bubble-Abend“ und damit alle Spritz-Getränke zum Sonderpreis, donnerstags „Burger & Bier“ inklusive einem halben Liter Bier zum Burger der Wahl. Einmal im Monat, meist an jedem ersten Freitag, heißt es „Bühne frei“ für Live-Musik. An jedem Samstag gibt es frisch gebackenes Brot zu kaufen. Und – ja, auch das Personal braucht mal eine Verschnaufpause: Sonntag und Montag sind Ruhetage. Dafür aber haben das Café und Restaurant das ganze Jahr über geöffnet. Und wer es eilig auf den Zug hat, darf Kuchen und süße „Bömble“ auch gerne mitnehmen.

Die große Terrasse liegt geschützt hinter einer hohen Mauer von der Straße abgeschirmt und wird von einer jungen Platane und Schirmen teilweise beschattet. Im Wintergarten sitzen die Gäste hinter riesigen Panoramaglasscheiben – und im Winterhalbjahr am offenen Kamin. Im Saal spielt die Musik, ringsum schmückt eine Bildergalerie am Backsteingemäuer die Wände – darüber altes, massives Gebälk. Das erinnert ebenso wie ein kleines, ovales Fenster, durch das früher die Fahrscheine ausgegeben wurden, an die Anfänge und erzählt Bahngeschichte(n).

Mit jeweils 80 bis 100 Plätzen in den Innenräumen und weiteren 80 bis 90 auf der Terrasse ist das Lokal bestens eingerichtet auch für Fest-Bankette und Hochzeitsfeiern. Und da zur festen Karte eine abwechslungsreiche Wochenkarte kommt, wird es für Wiederkehrer und Stammgäste nie eintönig. Wo immer möglich, stehen Regionalität und Bio-Qualität im Vordergrund. Und wenn es nach den Vorstellungen des syrischen Kochs Nader Alsaho geht, gibt es auch bei der Herstellung seiner aus der Heimat lieb gewonnenen Falafel keine Kompromisse: Er empfiehlt, die entscheidenden Zutaten nebst dem original Falafel-Stempel am besten direkt in einem arabischen Lebensmittelgeschäft zu kaufen.

Bahnhof Münstertal Falafel-Mango-Hummus

Rezept des Monats vom Bahnhof Münstertal

Falafel mit Mango-Hummus 

Für 4 Personen

Falafel (ca. 12 Stück)

100 g frische Kichererbsen
50 g frische weiße Bohnen
2 TL gemahlener Kreuzkümmel
2 TL gemahlener Koriander
1 Knoblauchzehe
¼ Zwiebel
1 TL Salz

Hummus

200 g Kichererbsen (frisch oder fertig gekocht im Glas)
1 Knoblauchzehe
1 TL Bio-Zitronenschale
2 EL Zitronensaft
2 EL Tahin Sesampaste
½ TL Salz, Pfeffer, Kreuzkümmel
3 EL Olivenöl
50 g Mangomark

Kichererbsen und weiße Bohnen für den Falafel-Teig über Nacht einweichen. Überschüssiges Wasser abgießen und die noch bissfesten Hülsenfrüchte mit Zwiebeln, Knoblauch, Gewürzen mischen und fein pürieren. Vorm Weiterverarbeiten 30 Minuten ruhen lassen. Über Nacht eingeweichte Kichererbsen für den Hummus mit einem TL Backpulver weich kochen oder fertig gekochte aus dem Glas verwenden. Alle Zutaten mischen und fein pürieren.Den Falafel-Teig mit einem Falafel-Stempel oder Eisportionierer formen. Die Halbkugeln in heißem Öl bei 170, max. 180 Grad (Fritteuse oder Pfanne) wenige Minuten hellbraun ausbacken. Falafeln mit Hummus und einem Salat nach Wahl anrichten, mit Mango-Stückchen, Feigen oder Datteln, Minz-Joghurt, Schnittlauch und Mandelblättchen garnieren.

Info:

Bahnhof Münstertal
Café – Restaurant – Bühne
Belchenstraße 24
79244 Münstertal
Tel.: 07636/787757-10
www.bahnhof-muenstertal.de

Öffnungszeiten:
Di.–Sa., 12.30–22.30 Uhr
Sonntag und Montag Ruhetage

Fotos: © Reinhold Wagner