Im Aufschwung: Erste Markgräfler Genossenschaft GASTRO & GUSTO | 13.05.2019 | Tanja Senn

Schwarzwald

Die 1908 von Dorfpfarrer Leonhard Müller gegründete WG Schliengen-Müllheim ist die älteste Winzergenossenschaft im Markgräflerland. Sie blickt auf wechselvolle und nicht immer einfache Zeiten zurück.

„Wir hoffen, dass wir am Ende von schlechten Jahren stehen“, sagt Geschäftsführer Heiko Schapitz. Seit vergangenem Sommer leitet er die Geschicke der Ersten Markgräflichen Winzergenossenschaft in Schliengen. Er ist der Mann, der den Betrieb wieder aus der Misere holen soll. Dass ihm das gelingt, da ist Schapitz zuversichtlich. Die letzten beiden Fusionen hätten der WG zu schaffen gemacht, doch bereits 2018 sei wieder ein gutes Jahr gewesen: „Wir hatten eine tolle Ernte, die uns aus dem gröbsten herausgeholt hat.“

So ist der Umsatz auf 6,8 Millionen Euro im letzten Geschäftsjahr gefallen, aktuell sieht es wieder besser aus, und bis Mitte 2019 rechnet die WG mit deutlich mehr als 7 Millionen Euro. So wurden etwa Verkaufsstellen abgeschafft, die keine Einnahmen brachten, der Vertrieb teilweise neu strukturiert oder die Werbeausgaben eingeschränkt. „Wir können uns nun wieder voll auf den Wein und die Qualität konzentrieren“, betont Schapitz. So wolle man sich wieder intensiver mit Weinbau und Weinstilistiken befassen. Schon die nächste Weinliste werde den einen oder anderen neuen Wein zeigen, andere Etiketten seien dieses Jahr das letzte Mal zu sehen.

Zudem kämen einige der Winzer, die die Genossenschaft in den vergangenen Jahren verlassen haben, wieder zurück. Denn die wirtschaftliche Verbesserung erlaubt es der WG, ihnen wieder mehr zu bezahlen. 2017 war der Auszahlungspreis auf 4000 Euro pro Hektar gesunken – und das, obwohl „über Jahre mehr ausgezahlt als eingenommen wurde“. Für das vergangene Jahr plant die WG den Preis aufgrund der großen Erntemenge auf 7000 bis 8000 Euro anzuheben. Weniger Mitarbeiter, ­weniger Flächen und ein neues Unternehmenskonzept hätten das möglich gemacht. Ziel seien langfristig rund 10.000 Euro pro Hektar, „aber das sind noch Planrechnungen inklusive Wunschvorstellungen“, so Schapitz.

Heiko-Schapitz

Soll der Winzergenossenschaft zu neuem Erfolg verhelfen: Geschäftsführer Heiko Schapitz

Seine Zuversicht kommt nicht von ungefähr, hat der Markgräfler Weinbau doch ein unnachahmliches Spitzenprodukt, das weit über die REGIO hinaus bekannt ist: den Gutedel. Obwohl die Winzergenossenschaft auch viel Spätburgunder anbaut – bekannt ist hier vor allem das Mauchener Sonnenstück –, ist die mehr als 5000 Jahre alte Weißweinsorte nach wie vor Nummer eins. Schließlich ist das Markgräflerland die einzige deutsche Region, in der Gutedel angebaut wird. Dadurch ergebe sich eine „ganz gesunde Vermarktungschance“, ist sich Schapitz sicher. So verkauft die WG auch große Mengen des leichten Weins nach Nordrhein-Westfalen, der dort begeistert nachgefragt wird.

Dass die Markgräfler Tropfen oft als billiger Schorlewein verschrieen sind, stört Schapitz dabei nicht. „Wieso verschrieen? Wer will denn immer nur die trockene Weinauslese?“, fragt der 54-Jährige. „Gutedel ist ein guter Konsumwein, den man im Alltag daheim trinken kann und von dem man auch mal ein Viertele mehr verträgt.“ Da die Sorte sehr ertragreich sei, könne man
sie zudem zu einem Preis anbieten, der „dem Käufer und dem Winzer ­gleichermaßen Spaß macht“.

Auch bei Schapitz selbst kommt zu Hause gerne Gutedel auf den Tisch. Sein Lieblingswein wechsle zwar alle vier Wochen, momentan stehe aber der rote Gutedel vom Lindenhof ganz oben in seiner Gunst. Auch im benachbarten Ausland wisse man die Markgräfler Weine zu schätzen. Auf dem Parkplatz der zentral im Dreiländereck gelegenen Winzergenossenschaft habe durchschnittlich jedes vierte Auto ein ausländisches Kennzeichen. Schweizer und Franzosen kaufen hier direkt in der Vinothek ein. Sie sind nicht die einzigen: 30 Prozent des Umsatzes macht die WG mit der Direktvermarktung – ein überdurchschnittlich hoher Anteil, sagt Schapitz. Um das beizubehalten, verzichtet der Geschäftsführer auf den Vertrieb über Aldi & Co.: „Wir sind der einzige große Betrieb in der Region, der nicht an Discounter verkauft – und das wird auch so bleiben.“

Info

Zur Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft mit ihrem Sitz in Schliengen gehören auch die Kaiserstühler Winzer vom Silberberg in Bahlingen und die Weinmanufaktur Weingarten bei Karlsruhe.