In der guten fremden Stube – kreative Kräuterküche „badisch uffdischt“ GASTRO & GUSTO | 17.01.2020 | Erika Weisser

Badisch-Uffdischt

Eine neue Form der Gastlichkeit haben Mitglieder des Netzwerks „Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden e.V.“ gestartet. Um Leute aus der Stadt mit der kulinarischen Vielfalt der regionalen Landwirtschaft in Berührung zu bringen, laden elf Gastgeberinnen zu Menüs auf ihre Höfe ein.

Die 1866 erbaute ehemalige Steinmühle ist eigentlich leicht zu finden: Man muss nur der schmalen, steilen Straße folgen, die sich vom Horbener Rathaus aus kurvenreich den dem Hexental zugewandten Abhang hinunterwindet. Doch das aus zwei Wohnhäusern und ein paar Wirtschaftsgebäuden bestehende Anwesen liegt gut verborgen in einer Talsenke hinter der letzten Kehre der Straße. Dort, wo man nichts mehr vermutet. Hier, auf diesem Hof, an diesem stadtnahen Ende der Welt, ist Petra Rehm-Hug zu Hause. Seit sie vor 22 Jahren der Liebe wegen von Nordbaden in den Südschwarzwald zog.

Die 49-Jährige hat gerne Gäste. Und sie ist begeisterte Köchin. Sie mag es, mit regionalen Zutaten neue Rezeptideen auszuprobieren oder traditionelle Gerichte kreativ abzuwandeln, etwa mit Wildkräutern, denen schon seit vielen Jahren ihre besondere Aufmerksamkeit gilt. In ihrer gemütlichen Wohnküche mit dem langen Holztisch und den entsprechenden Bänken finden viele Leute Platz. Hier bewirtet Rehm-Hug oft Verwandte, Freunde, Kollegen und Mitarbeiter ihres Mannes. Mit Speisen, die sie auf oder in ihrem behaglich wärmenden Holz-Kochherd zubereitet: In der blitzsauberen und ansonsten sehr modernen Küche gibt es weder einen Gas- noch einen Elektroherd.

Ufftischt

Bewirtet gerne Gäste: Petra Rehm-Hug

Für besondere Feste oder Gäste öffnet die Kräuterpädagogin aber auch gerne die Tür zu ihrer guten Stube mit dem heimeligen Kachelofen. Und seit Oktober deckt und dekoriert sie den Stubentisch, an dem zehn Menschen bequem essen können, öfter als sonst: Sie ist eine der Gastgeberinnen des vom Netzwerk „Bauerngarten- und Wildkräuterland Baden“ initiierten Projekts „Badisch Uffdischt – zu Gast auf dem Land“. Und uffdischt werden die Menüs, die aus mindestens drei Gängen und zu 80 Prozent aus Produkten aus eigener oder benachbarter landwirtschaftlicher Erzeugung bestehen müssen, eben im Wohnzimmer, auf der Terrasse oder im Garten des jeweiligen Hofs.

Dabei kann es passieren, dass man in einer fremden guten Stube mit Menschen an einem Tisch sitzt, die man noch nie zuvor gesehen hat: Auf der Website dieses niederschwelligen Projekts können sich Einzelpersonen, Paare, Familien oder auch Gruppen unter den dort präsentierten Orten, Gastgebern, Terminen und Menüs das für sie Passende aussuchen und buchen. Und da, erzählt Petra Rehm-Hug, die ihre der jeweiligen Saison angepassten abendlichen Wildkräuter-Menüs schon zweimal auf den Tisch brachte, „kommen eben ganz unterschiedliche Leute zusammen“.

Dass die einander Fremden dennoch eine gesellige Runde bilden, hat nach ihrer Erfahrung mehrere Gründe: Alle seien gleichermaßen herzlich willkommen, und alle bekämen das gleiche Essen serviert. Außerdem kämen die Gäste meist schon während des gemeinsamen Kräuter- und Hofspaziergangs „miteinander ins Gespräch“. Spätestens aber dann, wenn sie auf dem besagten Holzherd ihre Waffeln oder Apfelküchle für das Dessert selbst ausbacken.

Sie hat großen Spaß an dieser neuen Tätigkeit – und freut sich schon auf ihre nächsten Bewirtungen im Januar und Februar. Und ganz besonders auf das vegetarische Gründonnerstagsmenü, das nicht nur wegen des Tages, sondern vor allem wegen ihrer großen Liebe zu Speisen mit wilden Kräutern besonders grün ist. Danach macht sie Pause bis zum Herbst; im Sommer hat sie mit Hofarbeit, Kräutersammeln und -seminaren viel zu tun. Da bleibt nicht genug Zeit: Eine „gescheite Bewirtung“ dauere etwa drei Stunden und nehme zudem ein Vielfaches an Konzeptions-, Versuchs- und Kochzeit in Anspruch. Bei „Badisch Uffdischt“ gehe es ja nicht um einfache Bauern- oder Straußenvesper, sondern um „Menüs der gehobenen klassischen badischen Küche“, erläutert Barbara Sester, Geschäftsführerin des Badischen Landwirtschafts-Verlags und eine der Initiatorinnen des Projekts, das während einer zweijährigen Planungs- und Vorbereitungsphase ins Laufen gebracht und vor drei Monaten ins Leben gerufen wurde. Mit bisher großem Erfolg.

Info

www.badisch-uffdischt.de

Fotos: © Badisch Uffdischt, ewei