Nah am Gast – Der Goldene Engel in Ihringen GASTRO & GUSTO | 08.02.2025 | Marianne Ambs

Berlin, München oder wieder nach Hause an den Kaiserstuhl? Emma Ambs hat sich entschieden. Für Ihringen. Für den Goldenen Engel. Die Entscheidung fiel spontan. „Die nächsten zehn Jahre bin ich in der Welt unterwegs.“ Das hatte die junge Frau noch vor einem Jahr ihrem Vater Peter Ambs, Chef der „Sonne“ in Wasenweiler gesagt. Jetzt ist Emma Ambs selbst Chefin. Mit 26 Jahren.
Seit 1919 ist der „Goldene Engel“ in Ihringen eine gastronomische Institution. Die Familie Unverzagt führte das Restaurant mit Hotel bis Januar 2024 in dritter Generation „Als klar war, dass Marlies und Karlheinz Unverzagt den Engel schließen wollen, sind wir mit der Familie noch einmal dort essen gegangen“, erzählt Emma Ambs am Stammtisch in „ihrem“ Restaurant in der Bachenstraße in Ihringen. Das war Anfang 2024. Ihr Vater Peter Ambs hatte da wohl schon darüber nachgedacht, das Gasthaus zu übernehmen. „Wäre das nicht etwas für dich?“, hat er seine Tochter beim Besuch im „Engel“ gefragt. Eigentlich schon! Sie warf ihre Pläne über Bord und stürzte sich mit 25 Jahren in das Abenteuer. „Aus Berlin und München hatte ich schon Zusagen, auch von 5-Sterne-Hotels. Ich wollte unbedingt noch Erfahrungen in der Hotelbranche sammeln.“ Daraus wird jetzt nichts. Seit August betreibt die gelernte Restaurantfachfrau und Hotelbetriebswirtin mit ihrem jungen Team das Traditionshaus mitten im Kaiserstuhldorf. Durch die Wirtshausfenster ist die orange-rote Fassade des Rathauses auf der anderen Straßenseite zu sehen.

Getrüffelt kommt der Teller
auf den Tisch. Im Glas funkelt
der passende (Ihringer) Wein.
Mitten im Dorf
Am 9. August 2024, acht Monate nach der Entscheidung, den „Engel“ zu übernehmen, wurde das Restaurant mit einer Gartenparty wieder geöffnet. Die Zeit davor war intensiv. Gemeinsam mit ihrem Vater gründete Emma Ambs eine GmbH, in der beide Gasthäuser – die Sonne in Wasenweiler und der Engel in Ihringen – zusammengefasst sind. Die Gaststube wurde vorsichtig umgestaltet, neue Lampen, Tische und Gardinen angeschafft; die Hotelzimmer wurden renoviert, die Fassade bekam einen neuen Anstrich. Ein großer goldener Engel sitzt in der Ecke des Stammtisches im Nebenzimmer, in den Gasträumen gibt es zwei weitere Engel in Anspielung auf den Namen des Hauses. „Das waren früher bedeutend mehr“, erinnert sich Emma Ambs an den leicht verstaubten Charme des Gasthauses vor der Übernahme. Ihre Ausbildung hat sie in familiengeführten Traditionshäusern wie dem „Schwarzen Adler“ in Oberbergen gemacht. Auf eine familiäre und freundschaftliche Atmosphäre setzt die junge Chefin auch im „Engel“, in dem unbedingt weiterhin Ihringer Vereine und Stammgäste willkommen sind. Mit ihrem Engagement im „Goldenen Engel“ will die Familie Ambs nicht nur das Dorfleben, sondern auch den Tourismus in Ihringen stärken. Denn ohne gastfreundliche Restaurants und Hotels keine Touristen und Tagesgäste. Ihrem Team, das vor allem aus Freunden und Kollegen aus früheren Anstellungen besteht, kommt Emma Ambs mit einer Viertagewoche entgegen. Zudem ist der „Engel“ am Montag geöffnet, an dem viele andere Betriebe geschlossen sind. Eine gute Entscheidung: „Der Montag ist inzwischen einer unserer besten Tage.“
Köstlichkeiten aus der REGIO …
Küchenchef im „Engel“ ist Simon Bantle. Emma Ambs kennt ihn aus der Schweiz, wo beide im selben Restaurant gearbeitet haben. Dass Simon Bantle Koch werden wollte, wusste er schon früh. Kulinarik hat in seiner Familie einen hohen Stellenwert. Schließlich hat er seine Kindheit in der Backstube und in der Metzgerei seiner beiden Großväter verbracht. Gelernt hat der gebürtige Rottweiler im hochdekorierten Hotel Bareiss in Baiersbronn, danach ging es zu Sterneköchin Douce Steiner in den Hirschen in Sulzburg. Nach Stationen in der Schweiz hat es ihn nun an den Kaiserstuhl verschlagen. Als Emma Ambs ihn fragte, ob er im Engel die Regie in der Küche übernehmen will, hat er schnell zugesagt. Immerhin konnte er bei der Einrichtung der neuen Küche mitentscheiden, der professionelle Herdblock wurde nach seinen Wünschen gestaltet.

Chefin Emma Ambs (3.v.r.) hat frühere Arbeitskollegen davon
überzeugt, sie bei ihrem Restaurant-Projekt zu unterstützen.
Im „Engel“ kann Simon Bantle seine eigenen Ideen verwirklichen. Seine Küche vereint regionale Köstlichkeiten mit klassischem Handwerk. Deftige Heimatgerichte wie Leberle oder Wiener Schnitzel stehen nach wie vor auf der Speisekarte. Auch Sulz vom Kalb mit Brägele oder hausgemachte Würste, dem Opa in Rottweil sei Dank, stehen für den deftigen Teil der Karte. Extravaganz und Experimente sind nicht Simon Bantles Ding. Eher Bodenständigkeit: „Den Kartoffelsalat mache ich wie früher meine Oma.“
… und französische, feine Kochkunst
Doch gelernt ist gelernt: Bei seinen Kompositionen lässt sich der Küchenchef von der feinen französischen Kochkunst inspirieren. Und er bringt frischen Wind nach Ihringen. Beim Rindertatar mit Eigelb, Stangensellerie und Bauernbrot hätten einige Gäste anfangs gefremdelt. „Inzwischen ist es eine beliebte Vorspeise im Engel.“ Auch kreative vegetarische Speisen kommen aus der Engel-Küche. Die perfekte Zubereitung von Fleisch sei klassisches Handwerk, so der Küchenchef, der findet: „Mit Gemüse zu kochen ist viel spannender. Aus einer Karotte kann ich 1000 verschiedene Gerichte machen.“
Kreativ ist der Küchenchef auch, wenn es um hochwertige Zutaten für seine Speisen geht. Im Sommer hat er Holunderessig und Holundersirup hergestellt. Auch hauseigener Traubenessig wird in seiner Küche verwendet. Aktuell empfiehlt der Küchenchef seine Wildgerichte, die je nach Angebot die feste Speisekarte ergänzen. Wer eine Portion bekommt, kann sich glücklich schätzen, denn ein Rehrücken ist schnell ausverkauft. Ein Klassiker auf der Karte, den es das ganze Jahr gibt, ist das geschmorte Ochsenbäckle mit Ihringer Spätburgunderjus, Apfelrotkraut und Serviettenknödel. Ein Lieblingsrezept des Küchenchefs. Unbedingt zu empfehlen!
Rezept des Monats
vom Goldener Engel Ihringen
Gebratener Rehrücken mit Williamsbirne und Kräuterseitlingen
1 Rehrücken
Salz & Pfeffer
Wacholder, Thymian
2 El Butter
4 Birnen
200 g Zucker
200 ml Wasser
100 ml Weißwein
Thymian, Pfeffer
25 ml Williams-Birnen-Brand
250 g Kräuterseitlinge
1 l Sahne
200 g helles Wurzelgemüse
Petersilie, Zitronenabrieb
Den parierten und portionierten Rehrücken mit Salz und Pfeffer würzen, von allen Seiten in einer vorgeheizten Pfanne scharf anbraten. Den Backofen auf 170 Grad Umluft vorheizen. Den Rehrücken je nach Größe 4 bis 6 min garen. Anschließend ca. 10 min ruhen lassen. Kurz vor dem Servieren in einer Pfanne mit schäumender Butter und Gewürzen aromatisieren.
Die Birnen schälen und vierteln. Zucker, Wasser und Weißwein zum Kochen bringen. Die Birnen hinzugeben, aufkochen und zur Seite stellen. Die ausgekühlten Birnen in kleine Würfel schneiden und mit etwas gehacktem Thymian, Birnenbrand und Pfeffer abschmecken.
Wurzelgemüse in walnussgroße Stücke schneiden, mit der Sahne in einen Topf geben und um die Hälfte reduzieren. Die Sahne passieren. Kräuterseitlinge in ca. 1cm große Stücke schneiden und in etwas Öl scharf anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen. Die reduzierte Sahne zu den Pilzen geben und aufkochen. Mit gehackter Petersilie und Zitronenabrieb abschmecken.
Das Birnen-Ragout als Topping auf den Rehrücken geben, mit den Seitlingen anrichten. Als Beilage passen Serviettenknödel.
Info
Restaurant Goldener Engel
Bachenstraße 27
79241 Ihringen
Tel.: 07668/908870
engel-ihringen.de
Öffnungszeiten:
Freitag – Montag 11.30 –14 Uhr
und 17–23 Uhr (warme Küche
bis 20.30 Uhr), Dienstag, Mittwoch,
Donnerstag Ruhetag