Zart, weiß, rein: Springerli sind im groß Kommen GASTRO & GUSTO | 07.12.2019 | Heidi Knoblich

Springerli

Springerli sind die Krönung auf dem Weihnachtsgutsliteller. Zart, weiß und rein erinnern an das Christkind. Einst wetteiferten Generationen von Großmüttern und Tanten um den Ruhm dieses Backwerks. Derzeit erlebt es einen neuen Aufschwung. Mit dabei: der Schweizer Linus Feller.

„Viele Wege führen zum schönen Springerli, und alles, was schön und fein ist, ist richtig“, sagt der im Wallis geborene Linus Feller. Schon als 20-Jähriger entflammte er auf einem Markt in der Basler Gegend für das edle Bildgebäck, auch Änisbrötli genannt. „Zwei Jahre später hatte ich einen Stand – mit Änis und Model –, mit ganz wenig habe ich angefangen“, erinnert sich der heute 61-Jährige.

Seither beschert er mit seinem „Änis-Paradies“ dieser althergebrachten, fast ausgestorbenen Backkultur eine wahre Renaissance. „Weiß und weich müssen sie sein, und sie müssen ein schönes Bild und ein schönes Füßchen haben“, weiß Feller. Er kennt den Respekt, den sogar gestandene Hausfrauen vor dem Springerlibacken haben, denn schnell geraten sie braun, hart oder ihr Bild verschwimmt beim Backen.

„Im Schwarzwald und im Schwäbischen“, erzählt er, „backt man die Springerli drei, vier Wochen vor Weihnachten und bewahrt sie dann in einer Blechdose auf.“ Bis Weihnachten sollen sie dank Luftfeuchtigkeit weich sein. „Wir hingegen machen den Teig ein, zwei Millimeter dicker, damit die Springerli nicht viel Feuchtigkeit verlieren“, verrät er. Somit seien sie schon nach dem Backen weich und werden dann erst mit der Zeit hart. Und weil sie bei gerade mal 140 bis 150 Grad Celsius gebacken werden, kommen sie laut dem Fachmann „schneeweiß“ aus dem Ofen.

Die schönen Bilder entstehen durch seine leicht zu handhabenden Nachbildungen historischer und neuer, handgeschnitzter Model, die er in seiner Model-Manufaktur nach eigens entwickeltem Verfahren in lebensmittelechtes Kunstharz gießt: „Ohne meine Kunstharzmodel wäre dieses alte Brauchtum auf eine sehr kleine Schicht begrenzt, denn es gibt nur noch wenige gute Schnitzer, und diese bedienen nur noch einen sehr kleinen Kundenkreis.“

Seine Springerli fertigt der Schweizer Linus Feller mit Kunstharz-Modeln.

Mit Fellers Model werden die filigranen Bilder gestochen scharf. Das Gebäck springt beim Backen auf. Dabei bildet sich unten das so heiß ersehnte „Füßle“. „Ein Springerli, das nicht springt, ist kein Springerli, so einfach ist das“, sagt er. Seine Brötli trocknet Linus Feller vor dem Backen in der Wärme der Backstube. „Je nach Ort, wo man es trocknet, ist es bei kleinen Springerli schon nach zwölf Stunden fest“, sagt er. Das Rändchen solle nicht mehr als zwei Millimeter antrocknen, sonst gebe es zu viel Widerstand und könne nicht aufgehen.

Es ist gut denkbar, dass das vornehme Gebäck, das Adelshäusern und Klöstern entstammt, seinen Namen vom Aufspringen im Backofen hat. Historiker gehen davon aus, dass dieser auf die in der Barockzeit dargestellten Reiter zurückzuführen sei. „Tatsächlich habe ich schon viele solcher Reitermodel gesehen“, erzählt der gelernte Sanitärklempner. Springerli mit Reiterbild seien zu Weihnachten den Buben, mit Fatschenkind den Mädchen geschenkt worden.

„Die typisch süddeutschen Springerli sind rechteckig – das hat wohl etwas mit der schwäbischen Sparsamkeit zu tun“ sagt er. Denn so gebe es keine Teigreste wie bei seinen ovalen Springerli, die bei einer zweiten Verwendung mäßigere Bilder hervorbringen würden. Feller macht aus diesen Teigresten Chräbeli, ein altes Schweizerisches Anisgebäck. Anstatt Anissamen auf das Blech zu streuen, knetet er sie in den Teig aus Puderzucker, Eiern und Mehl. In seiner Backstube arbeiten zwischen Oktober und Weihnachten fünf Frauen und ein Mann fast täglich.

Unter den 1100 Modeln, von denen Feller rund die Hälfte auch an seinem Stand auf dem Basler Weihnachtsmarkt anbietet, sind kunstvolle Krippenmotive, Engel, Herzen, Sterne, die Christrose und ein Schneemann besonders gefragt. Er ist auch der führende Springerlimodel-Hersteller weltweit. Von den Modelformen, die in seiner Gebäckmodel-Manufaktur entstehen, ist der Hauptanteil in diesem Jahr für die USA bestimmt. Denn auch ausgewanderte Basler, Badener und Schwaben wollen gerne um die schönsten Springerli aus der Heimat wetteifern.

Info

Änis-Paradies
www.springerle.com

Fotos: ©  Heidi Knoblich