Protest auf den Uni-Fluren: Polizei-Einsatz wegen abgesagter Filmvorführung Hochschule | 18.11.2024 | David Pister
Einen Tag vor der geplanten Vorführung eines Dokumentarfilms sagt die Universität Freiburg die Veranstaltung abDer Nahost-Konflikt reicht bis nach Freiburg. Eine geplante Filmvorführung wurde kurzfristig von der Universität abgesagt, um die politische Neutralität zu wahren.
Am 24. Oktober sollte in der Universität Freiburg der Film „Concerning Violence“ gezeigt werden. Die Gruppen Students for Palestine und Free Congo Freiburg hatten die Veranstaltung mit Unterstützung des Referats gegen Rassismus organisiert. Der Dokumentarfilm handelt vom afrikanischen Befreiungskampf und ist auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung als Stream verfügbar. Einen Tag vor der geplanten Vorführung sagte die Uni die Veranstaltung ab.
Trotz der Absage führten die Studierenden den Film auf dem Flur vor – als Protest, wie die Gruppe Students for Palestine auf ihrem Instagram-Account schreibt. Laut der Universität Freiburg hatte die Gruppe mit rund 25 Personen ein Megafon dabei und rief Parolen. Mitarbeitende der Uni forderten die Studierenden auf, das Gebäude zu verlassen. Diese reagierten mit Filmaufnahmen und teilweise drastischen Beschimpfungen, so die Universität.
Die Uni rief die Polizei. Ein Instagram-Video der Students for Palestine zeigt, wie mehrere Personen, teils vermummt, von der Polizei die Treppe herunter gedrängt werden. Die Polizei habe der Gruppe eine Versammlungsfläche vor dem Stadttheater zugewiesen, wie ein Sprecher sagt. Sie ermittle wegen der Durchführung einer nicht angemeldeten Versammlung, eine Person müsse sich wegen unerlaubter Vermummung verantworten. Die strafrechtliche Relevanz der Sprechchöre werde geprüft.
Auf Instagram wirft die Gruppe der Polizei Gewalt vor: Einige seien ins Gesicht geschlagen worden, anderen fast die Hände gebrochen worden. Die Polizei widerspricht: Einzelne Personen seien aus dem Gebäude geschoben worden, was als mildestes Mittel angewendet wurde. Anzeigen seien nicht eingegangen, aber Vorwürfe würden ernst genommen.
Students for Palestine vermuten Rassismus hinter der Absage, während die Uni ihre Neutralität betont. Wenige Tage vor der geplanten Vorführung wurde ein Post für die Veranstaltung auf Instagram veröffentlicht. In diesem wurde dazu eingeladen, „im Anschluss die Relevanz des im Film thematisierten, mit Gewalt gegen eine brutale Kolonialmacht geführten Kampf für den Palästinakonflikt zu erforschen“. Der Post wurde später verändert, behielt aber den Bezug zum Nahost-Konflikt.
Im Antrag für den Raum war laut Uni keine Verbindung zum Nahost-Konflikt erkennbar. Da die Veranstaltung durch die Verfasste Studierendenschaft angemeldet wurde, müsse politische Neutralität gewahrt bleiben. Diese sah die Hochschule in Gefahr – auch wegen eines gemeinsamen Posts von verschiedenen Students-for-Palestine-Organisationen aus Deutschland am 7. Oktober.
Der Post ist mit Aufnahmen des Angriffs der Hamas auf Israel versehen. Der Angriff wird in diesem Kontext als Teil eines „heldenhaften Widerstands“ eingeordnet und als „legitim“ bezeichnet. Eine gemeinsame Veranstaltung mit einer Gruppe, die extrem einseitige Positionen zu einem hochpolitisierten Thema einnimmt und möglicherweise Straftaten billigt, würde die Neutralität der Verfassten Studierendenschaft gefährden, so die Universität.
Die Freiburger Linke kritisiert die Uni. Kreissprecher Mirko Boysen erklärt, es sei ein Skandal, dass eine Veranstaltung über historische, antikoloniale Kämpfe verboten und mit Polizeigewalt durchgesetzt wurde. Er lud die Gruppen ein, die Vorführung in den Räumen der Linken nachzuholen.
In ihrer Instagram-Story kündigte Students for Palestine eine Veranstaltung am 9. November mit dem Titel „Decolonize the University now: the Fight against Racism and Fascism within the University“ an. Veranstaltungsort: Kreisgeschäftsstelle der Linken.
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