Freiburg macht mobil: Durch die Green City rollen immer mehr Leihräder KARRIERE & CAMPUS | 05.05.2019 | Philip Thomas
Freiburg ist mehr Fahrradstadt denn je: Fuhren 2012 noch 1,8 Millionen Fahrräder über die „blaue“ Wiwilibrücke am Bahnhof, waren es 2017 schon 3,4 Millionen. In Zukunft könnten noch mehr Zweiräder hinzukommen – auf Leihbasis.
Neben dem holländischen Anbieter Swapfiets, der in kurzer Zeit 200 Räder auf Freiburgs Straßen gebracht hat, dreht auch das Rathaus am Rad und plant mit Frelo noch vor Juli 55 Stationen mit 400 Bikes. Freiburgs Fahrradgeschäfte geben sich angesichts dieser neuen Flotten betont gelassen.
„Unser Leihsystem ersetzt kein privates Fahrrad“, sagt Luisa Stenmans, Angestellte der Freiburger Verkehrs AG und Projektleiterin von Frelo. Die meisten Freiburger hätten ohnehin bereits ein Fahrrad im Haushalt. „Unser Angebot ist als ergänzende Mobilität gedacht, zum Beispiel für Pendler oder den Weg zum Bahnhof“, sagt die 28-Jährige. Beim stationsbasierten Freiburg-Fahrrad müsste man dann nicht um sein dort zurückgelassenes Mountainbike bangen. Damit Frelo seinerseits vor Langfingern keine Angst haben muss, seien alle Räder neben einem Schloss zusätzlich mit einem GPS-Sender ausgestattet. „Außerdem piepen die Räder laut, sobald man sie abgeschlossen anhebt“, sagt Stenmans.
Konzipiert und gebaut hat die Firma Nextbike aus Leipzig. Der Betrieb erhielt im Dezember den Zuschlag nach einer europaweiten Ausschreibung. Nun sollen noch vor Juli die ersten Räder durch Freiburg rollen. Bis zu 300.000 Euro lässt sich das Rathaus das Projekt jährlich kosten. „Diese Summe ist ausreichend“, sagt Stenmans. Finanziert werden davon 400 Leihräder an insgesamt 55 Stationen im Stadtgebiet, die per App, Telefon oder Kundenkarte bezogen werden. „In einer halben Stunde kommt man in Freiburg überall gut hin“, sagt sie. Für größere Kreise, etwa zum nächsten Badesee, seien die stabilen Stadträder aber eher ungeeignet. Kosten soll die Fahrt einen Euro je 30 Minuten.
Für diesen kurzen Zeitraum ist bei Swapfiets kein Rad zu haben. Die Niederländer verleihen ihre Räder nur im monatlichen Abonnement. „Wir haben ein Bezahlmodell wie Netflix oder Spotify. Das Rad gehört dann Ihnen“, sagt Lucas Vroemen, Business Development Manager der Mobilmacher. Als Konkurrenten sieht er Frelo nicht: „Wir haben ein anderes Modell, wir freuen uns aber, dass es diese Konzepte auch gibt.“ Im Gegensatz zum Stationen-Modell von Frelo wollten seine Kunden etwas Langfristigeres. Zwischen 200 und 1000 Euro sei ein Zweirad mit sieben Gängen von Swapfiets wert. Mobil machen die Holländer, die in vier Ländern knapp 105.000 Räder zählen, für unter 20 Euro pro Monat. 400 Abos seien in Freiburg bereits abgeschlossen. Darin inbegriffen ist das Versprechen, ein immer funktionierendes Fahrrad zu besitzen. „Auch wenn das Rad mal geklaut wird, gegen 60 Euro bringen wir ein neues“, sagt der 25-Jährige.
Vergangenes Jahr erst war der dänische Anbieter Donkey Republic verhältnismäßig vorsichtig mit 50 Rädern an 14 Stationen in Freiburg an den Start gegangen. Thomas Niehaus vom Fahrradladen im Stühlinger gibt sich angesichts der möglichen Konkurrenz durch weitere Leihräder gelassen: „Wir haben ein ganz anderes Publikum, das tangiert mich überhaupt nicht.“ Seit 1985 sei er im Geschäft und biete seitdem auch eine Rückkaufgarantie für seine Räder an. „Das ist genau das Gleiche. Das heißt jetzt nur eben Bike-Sharing“, sagt er. Michael Frank vom Freiburger Fahrradgeschäft Extratour sieht das ähnlich: „Es gibt in dem Bereich keine Überschneidungen. Unsere Kunden wollen ein Rad für längere Zeit und dieses soll dann auch anpassbar sein.“ Frank weiß aber um die Nachfrage. Dass Leute kurzfristig ein Rad – etwa für Wochenendbesuch – bei ihm borgen möchten, sei keine Seltenheit.
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