Berlinale – 66. Internationale Filmfestspiele Berlin vom 11. bis 21. Februar Kinonews | 12.02.2016

Wer gewinnt die Bären?
 
Die Berlinale 2016 ist eröffnet. Und die Teilnehmer der Eröffnungsfeier bekamen den brandneuen Film von Joel Coen und Ethan Coen zu sehen, der gleichermaßen amüsante wie schonungslose Blicke hinter die Kulissen der e Traumfabrik Hollywood eröffnet. „Hail Caesar“ heißt das gute Stück, für das sich die Brüder Coen wieder einmal mit George Clooney zusammen getan haben, mit dem sie ja schon einige überdrehte Komödien produzierten. Mit von der Partie sind dieses Mal auch Channing Tatum, Tilda Swinton, Scarlett Johansson, Ralph Fiennes, Josh Brolin und einige andere Top-Stars. Erzählt wird von einem Tag im Leben eines „Problemlösers“ für einen der großen Filmstudios – natürlich von jenem Tag, an dem der ansonsten ganz normale Alltagswahnsinn aus dem Ruder läuft und alles schief geht, was überhaupt schief gehen kann. Mit Szenen aus Musicals, Western und den Krimis der Schwarzen Serie ist der Film auch die ultimative Hommage an das Goldene Zeitalter der Studio-Ära in den 1950er Jahren. Noch vor dem Ende der Berlinale, am 18. Februar, kommt er in die deutschen Kinos.
 

 
Rund 400 Filme werden an den elf Tagen dieser 66. Ausgabe der Internationalen Filmfestspiele Berlin gezeigt – es gibt also genug Möglichkeiten, mindestens einen der Kicks zu bekommen, die Festivaldirektor Dieter Kosslik in seinem Grußwort verspricht: „Get your Kicks at Berlinale 66“ schreibt er, in Anlehnung an Nat King Coles „Kicks on Route 66“ von 1946. Wie diese sagenhafte Route, die in Amerika Orte, Knotenpunkte und Straßen verbindet wolle auch die Berlinale Verbindung schaffen, über die Filmkultur zur Völkerverständigung beitragen. Ganz im Sinne der ersten Berlinale vor 65 Jahren, als auch Millionen Menschen auf der Flucht vor den Folgen von Krieg und Zerstörung waren – wie heute.
 
Unter den 18 Filmen, die am Wettbewerb um den Goldenen Bären teilnehmen, haben einige das Thema Krieg, Vertreibung, Verfolgung, Armut und Flucht zum Inhalt. Da ist etwa Gianfranco Rossis Film „Fuocoammare“ (Feuer über dem Meer) über einen 12jährigen Jungen, der auf einer Insel wohnt, auf der sich zwei Welten dramatisch berühren: Lampedusa. Oder „Cartas da Guerra“ (Kriegsbriefe) von Ivo M. Ferreira, der einen portugiesischen Militärarzt an seine Frau schreiben lässt, dass „der Krieg uns alle zu Insekten macht, die ums Überleben kämpfen.“ Außerdem der neue Film von Rafi Pitts, dem Regisseur von „Zeit des Zorns“. In „soy Nero“ (Ich bin Nero) erzählt der gebürtige Iraner von mexikanischen Jugendlichen, die den Grenzzaun zwischen Mexico und USA als Volleyballnetz nutzen – und davon träumen, US-Staatsbürger zu werden. Nero kommt diesem Traum sehr nahe, doch zu dessen Erfüllung muss er sich freiwillig zum Militärdienst melden und mit dem Maschinengewehr in der Hand in einem Kriegsgebiet im Mittleren Osten kämpfen.
 

 
Die Themenvielfalt der internationalen und deutschen Beiträge auf der Berlinale ist indessen breit gefächert: das Spektrum reicht von heiteren und tragischen Variationen der Liebe über Dokumentarfilme und Literaturverfilmungen bis in die Absurdität oder die Tragik menschlicher Abgründe. Erstlingswerke sind ebenso zu sehen wie Produktionen von namhaften Regisseuren und Darstellern. Zu denen gehört sicher Spike Lees „Chi-Raq“, eine mit Witz, Satire und Musik angereicherte Variante des klassischen Lysistrata-Stoffs, der im kleinkriminellen Milieu von Chicago spielt. Oder „Saint Amour“, der neue Film von Benoît Delèpine & Gustave Kervern. In dieser Komödie bilden Gérard Dépardieu und Benoît Poelvoorde ein unsägliches Gespann: Vater und Sohn auf einer improvisierten Tour durch Frankreichs beste Weingegenden. In den nächsten Monaten ist in den Kinos also einiges zu erwarten.
 
Wie immer gibt es bei der Berlinale auch Welturaufführungen. Zu ihnen gehört etwa Hans Steinbichlers „Tagebuch der Anne Frank“. Er zeichnet – sehr eng an am Original-Tagebuch orientiert – das Leben, die Gedanken und die Sehnsüchte des Mädchens nach, das sich mit ihrer Familie vor den Nazis versteckte. Dieser Film ist ab 3. März im Kino zu sehen.
 

 
Eine Woche später, am 10. März, ist dann Kinostart für einen weiteren deutschen Film, der in Berlin Weltpremiere feiert: „Grüße aus Fukushima“, der neue Film von Doris Dörrie. Darin wird die Geschichte einer jungen Frau erzählt, die auf der Flucht vor ihren zerplatzten Lebensträumen ist und dabei Gutes tun will. Und erst einmal in eine noch tiefere Krise gerät.
 
Und wie immer wird auch wieder der Goldene Ehrenbär für ein filmisches Lebenswerk verliehen. In diesem Jahr geht er an Michael Ballhaus, den großen meister der Kamerakunst, der mehr als 130 Filmen Bewegung gegeben hat und die kreisende Kamerafahrt erfand.
 
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Text: Erika Weisser
Fotos: © Sophie Dulac Distribution / © Mathias Bothor, Majestic / © Universal Pictures International France