Heute und Samstag im Kommunalen Kino: Charly Hübners Doku über die Band „Feine Sahne Fischfilet“ Kinonews | 25.10.2018 | Erika Weisser

Die Band ist derzeit in aller Munde: Für den 6. November hatte das ZDF ein Konzert mit „Feine Sahne Fischfilet“ im Bauhaus Dessau geplant; Direktorin Claudia Perren hat Sender und Band daraufhin den Auftritt untersagt. Eine der Begründungen: Es sei zu befürchten, dass Rechtsradikale gegen den Auftritt der antifaschistischen Punkrockband protestieren würden und man wolle politische Eskalationen vermeiden.

Inzwischen hat sich der Sachsen-Anhaltische Landtag mit der Angelegenheit beschäftigt; Kulturminister Rainer Robra verteidigte dabei Perrens Entscheidung, da eine solche politische Konfrontation sei „mit dem Bauhaus nicht vereinbar“. Linke drinnen und Rechte draußen, „wären in diesem Fall nur durch Fenster getrennt gewesen“, umschrieb drastisch er seine Sorge um mögliche „Auseinandersetzungen, aus denen das Bauhaus herausgehalten werden“ müsse.

Mittlerweile hat sich die Stadt Dessau und das Anhaltische Theater sowie auch das Bauhaus Berlin als Konzertort für die Band angeboten, die bei dem großen Rockkonzert in Chemnitz auftrat, das als Reaktion auf die Nazi-Aufmärsche veranstaltet wurde, die im August dort stattfanden. Man mag zwar an ihrer nicht eben zimperlichen Wortwahl anecken, doch ihre Botschaft ist eindeutig und konsequent: Gegen Rechts.  

Wir veröffentlichen hier noch einmal unsere Filmbesprechung zum Kinostart im April:

In den späten Abendstunden des 4. September 2016 hocken ein paar junge Leute in einer Kneipe irgendwo in der mecklenburgischen Provinz, schauen gebannt auf den flimmernden Fernsehbildschirm und machen lange Gesichter.

An diesem Tag gab es Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern – und die Ergebnisse, die in der laufenden Sondersendung in bunten Diagrammen präsentiert werden, gefallen den Anwesenden gar nicht: Zwar ist die NPD endlich wieder aus dem Schweriner Landtag hinausgeflogen, doch hat es die AfD auf Anhieb hineingeschafft; mit mehr als 20 Prozent hat sie gar die CDU und die Linke überholt und ist nach der SPD zweitstärkste Fraktion.

Das ist bitter für Jan „Monchi“ Gorkow und seine Kollegen von der Punkband „Feine Sahne Fischfilet“, die zusammen mit Fans und Freunden auf eine klarere Kante ihrer Landsleute gegen Rechts gehofft hatten. Schließlich waren die sechs Jungs unter dem Motto „Noch nicht komplett im Arsch – Zusammenhalten gegen den Rechtsruck“ 43 Wochen lang auf antifaschistischer Wahlkampftour durch ihre Heimat Meck-Pomm – um das Feld nicht den „Neonazis und anderen Faschos“ zu überlassen, sondern, auch in deren Hochburgen, die Leute mit politischen Aktionen und Gesprächen , mit Konzerten und anderen kulturellen Veranstaltungen für mehr Solidarität und Menschlichkeit und gegen völkische Ideologien zu mobilisieren: „Den Arsch hochkriegen. Leute!“

Diese Tour, die der streitbaren und schon längst bundesweit bekannten und auf Festivals äußerst beliebten Combo große Aufmerksamkeit einbrachte und allenthalben für wilde Pogos und auch so manche Konfrontation sorgte, bildet den roten Faden durch den Film, der eine gelungene Montage aus Familien- und Archivaufnahmen, aus Interviews, Konzertmitschnitten und Statements von Weggefährten ist. Und von Einblendungen gespenstischer Nazi-Aufmärsche, wie etwa in Demmin, wo jedes Jahr am 8. Mai ein Trauerzug für die Männer stattfindet, die am 8. Mai 1945 nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Frauen und Kinder umbrachten – „heldenhaft“ und aus Angst vor der Roten Armee.

Bei aller Komplexität wohltuend klar strukturiert, öffnet das Regie-Debüt des Schauspielers Charly Hübner einen unverstellten Blick auf eine entsolidarisierte Gesellschaft – und vermittelt ganz direkt das Lebensgefühl der Band und insbesondere ihres Frontmanns „Monchi“, der genau gegen diese Entsolidarisierung ankämpft. Und ansingt. Hübner, selbst gebürtiger Meck-Pommer, zeichnet ein stimmiges und überzeugendes Porträt dieses energiegeladenen und mitreißenden Aktivisten mit der großen Klappe. Der nimmt kein diplomatisches Blatt vor den Mund, schont auch ich selbst nicht, als er erzählt, wie er vom randaleliebenden Hansa-Rostock-Ultra zum schnörkellosen und bodenständigen Antifaschisten wurde – weil er „einfach die Schnauze voll hatte von den Nazis“. Und von der Sinnlosigkeit der Randale – auch wenn er sagt, dass „es kaum etwas Geileres gibt“.

„Wildes Herz“, der Film, dürfte auf das Kinopublikum ebenso wirken wie die Band, die darin porträtiert wird, auf ihre Konzertbesucher: anregend für das Denk- und Handlungsvermögen der Köpfe – und für das Tanzvermögen der Körper. Damit bringt der Berliner Filmverleih Neue Visionen wieder einmal eine Meister-Doku in die Kinos – die hoffentlich von vielen Menschen gesehen wird.

Wildes Herz
Deutschland 2017
Regie: Charly Hübner & Sebastian Schultz
Dokumentarfilm mit Jan „Monchi“ Gorkow, Kai Irrgang, Olaf Ney, Christoph Sell, Max Bobzin, Jacobus North u.a.
Verleih: Neue Visionen
Laufzeit: 90 Minuten
Kinostart: 12. April 2018

Heute, Donnerstag, 25.10.,19.30 Uhr & Samstag, 27.10., 21.30 Uhr im Kommunalen Kino, Urachstraße 40

Bilder: © Neue Visionen