Zwischen Hafen und Fußballstadion: "Manche hatten Krokodile" nur morgen im Kino Kinonews | 19.12.2016

Christian Hornung bringt seinen neuen Film selbst nach Freiburg – und kehrt damit für einen Abend im Kommunalen Kino in die Stadt zurück, in der er aufwuchs, bevor er zum Studium nach Hamburg ging. Wo er immer noch lebt. Und wo er in diesem Jahr eine ganz und gar großartige Milieustudie über St. Pauli gedreht hat.

Auf der Spur der allesamt in die Jahre gekommenen Bewohner und Flaneure des Viertels begibt er sich in verwahrlost wirkende Straßen, in schummerige Lokale, in verrauchte Kneipen. Und lässt frühere Stripperinnen, Tänzerinnen, Bardamen, Ex-Huren, ehemalige Türsteher, Zuhälter, Seefahrer, Kneipenpächter und Transen von alten, goldenen Zeiten erzählen – und, natürlich, von der eher ungoldenen Jetztzeit.

Denn nicht nur an ihnen selbst, auch an den Halbweltschuppen, Absteigen, Kneipen, Nachtclubs und Tanzlokalen hat der Zahn der Zeit genagt: Die Lokalitäten zwischen Hafen und Fußballstadion sind größtenteils verlassen; von den ehemals florierenden Geschäften in dem einstigen Amüsierviertel ist nicht mehr viel zu spüren. Damals, erinnern sie sich, habe man das Geld mit vollen Händen ausgeben können, Gelegenheiten habe es immer gegeben in der Stadt, in die viele von ihnen vor 40, 50 Jahren „aus allen Ecken der Welt“ kamen, um „zur See zu fahren“ oder eben „in einem der vielen Tanzlokale anzuheuern“ – dabei aber oftmals auch gestrandet sind, abgestürzt, gescheitert. Und dennoch hier hängen geblieben.

Allesamt sind sie liebenswerte Lebenskünstler, tragen unglaubliche, abgründige, ja, einfach menschliche Geschichten mit sich herum. Die sie dem Filmemacher – und damit uns – offenbaren. Viel Geld sei damals verdient worden, erinnern sie sich, so viel, dass man sich auf den Partys schon einmal die Zigaretten mit Hundertmarkscheinen angesteckt habe. Was, wie gleich ergänzt wird, natürlich „reiner Irrsinn“ gewesen sei, denn heute, da auf dem Kiez nichts mehr los sei, habe man „nicht mehr viel zu beißen.“

„Wie gewonnen, so zerronnen“, ist oft zu hören in den Lebenserinnerungen dieser Menschen, die in ihren Stammlokalen jetzt Sparclubs betreiben, damit das Geld, das man etwa am Kneipen-Spielautomaten gewinnt, wenigstens jetzt nicht so schnell zerrinnt, nicht sofort ausgegeben wird. In den fest an der Kneipenwand hängenden Gemeinschafts-Sparkasten, in dem jeder sein eigenes Fach hat, zahlt jeder Teilhaber wöchentlich so viel ein wie er kann – und bekommt vom zuverlässigen Kassierer pünktlich zu Weihnachten das Ersparte zurück. Wobei bei dieser Gelegenheit endlich auch wieder einmal eine richtige Party steigt – für die ganze Kneipenfamilie.

Leider ist dieser mit viel Humor, Herz und Verstand gemachte Film in Freiburg nur an einem Abend zu sehen: am Dienstag, 20. Dezember, 19.30 Uhr im Kommunalen Kino. Doch man sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Zumal es nach der Vorführung die Gelegenheit zum Gespräch mit Christian Hornung gibt.

Text: Erika Weisser / Fotos: © Tamtam Film

krokodile-plakat

Manche hatten Krokodile
Deutschland 2016
Regie: Christian Hornung
Dokumentarfilm
Verleih: Tamtam Film
Laufzeit: 87 min.
Am 20. Dezember 19.30 Uhr im Kommunalen Kino