Lisa zog nach Mexiko – und blieb länger als gedacht Land & Leute | 01.10.2020 | Alicia Stickel

Mexiko City

Auswandern. Viele träumen davon. Nicht wenige tun es: 180.000 Deutsche wandern pro Jahr aus. Lisa Jakobi ist eine von ihnen. Die 31-Jährige ist nach ihrem Referendariat von Lahr nach Mexiko gezogen. Viele neue Eindrücke und ein völlig neues Lebensgefühl lassen sie Deutschland kaum vermissen.

f79 // Lisa, wohin bist du ausgewandert?
Lisa // Nach meinem Referendariat 2014 bin ich nach Mexiko gegangen und habe zunächst in Puerto Vallarta gelebt. Mittlerweile lebe ich in Guadalajara.

f79 // Warum bist du ausgewandert?
Lisa // Ich war als Freiwillige über die Organisation „kulturweit“ in Mexiko. Das ist eine Gesellschaft, die Freiwillige an Schulen, Institute und Universitäten überall in der Welt sendet. Als Freiwilliger kann man dort sechs oder zwölf Monate bleiben. Ich habe einen Platz in Puerto Vallarta bekommen und dort habe ich dann zwölf Monate an einer Schule gearbeitet.

f79 // Wie reagierte deine Familie, als du von dem Vorhaben erzählt hast?
Lisa // Witzigerweise ist mein Vater so wie ich Lehrer, war zu der Zeit mit meiner Mutter in Mexiko und hat an einer Schule in der Nähe von Mexiko Stadt gearbeitet. Meine Eltern waren also total glücklich, als ich ihnen davon erzählt habe.

f79 // War „Work & Travel“ jemals ein Thema für dich?
Lisa // Das habe ich mir tatsächlich schon überlegt. Aber dann habe ich mich für „kulturweit“ beworben. Interessanter finde ich es, an einem festen Ort zu leben, statt zwölf Monate oder länger nur mit dem Rucksack zu reisen.

Lisa Jakobi

Hat ihr Glück im Ausland gefunden: Die Lehrerin Lisa Jakobi. Studiert hat sie in Freiburg.

f79 // Wolltest du nicht mehr zurück nach Deutschland?
Lisa // Ich habe mich in Mexiko sehr wohlgefühlt, weil das Klima dort perfekt ist. Das Lebensgefühl ist einfach ganz anders als in Deutschland. Man unternimmt sehr viel und lebt intensiver. Es ist nicht so strukturiert und organisiert. Alles ist ein bisschen freier, spontaner und dadurch auch schöner und unkomplizierter. Natürlich habe ich dann auch viele Freunde getroffen. Eigentlich wollte ich nach einem Jahr zurück, das habe ich aber längst verworfen.

f79 // Hattest du am Anfang Schwierigkeiten?
Lisa // Ja, ich hatte Schwierigkeiten. Zu Beginn habe ich meine Freunde total vermisst und mich dadurch oft allein gefühlt. Freundschaften muss man natürlich auch pflegen. Sonst kann sowas über die Distanz verloren gehen. Mit der Sprache hatte ich am Anfang auch Probleme und konnte deshalb nie tiefer in Gespräche eingehen. Deswegen fiel es mir zu Beginn auch schwer, Kontakte zu knüpfen.

f79 // Gab es Klischees, die sich als falsch erwiesen?
Lisa // Definitiv. Ehrlich gesagt habe ich immer gedacht, dass in Mexiko nur Menschen leben, die einen Sombrero tragen und auf Pferden reiten. Ich hatte viele kitschige Vorstellungen und Stereotype im Kopf, die absolut nicht gestimmt haben. Aber das mit dem Tequila, den Tacos und dem scharfen Essen kann ich auf jeden Fall unterschreiben.

f79 // Gab es Augenblicke, in denen du deine Auswanderung bereut hast?
Lisa // Ich habe es nie wirklich bereut. Es waren eher nur vereinzelte Situationen, wie nach der Trennung von meinem Freund. Ich habe in Mexiko aber so viel Neues gelernt und so viele wunderbare Menschen kennengelernt, dass ich es wirklich nicht bereue.

f79 // Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Lisa // Ich überlege mir tatsächlich, in ein anderes Land zu gehen. Momentan denke ich an Spanien oder Argentinien. Ich könnte mir aber auch vorstellen, eine Zeit lang wieder nach Deutschland zu kommen. Lieber würde ich jedoch noch mal woanders hin. Nach Mexiko würde ich aber immer wieder reisen, um meine Freunde zu besuchen.

Tag der Toten in Mexiko

Traditionsreich: „Alles ist freier und spontaner“, sagt Lisa zum Leben in Mexiko.

Kulturweit

Die Organisation ermöglicht Freiwilligendienst im Ausland: „kulturweit“ ist ein internationaler und kulturpolitischer Dienst für Freiwillige. Dabei haben junge Leute von 18 bis 26 Jahren die Chance, für sechs oder zwölf Monate in ein Gastland zu reisen, um sich kulturpolitisch einzusetzen. Alle Teilnehmenden werden finanziell und mit Lehrgängen unterstützt.

Mehr Infos auf www.kulturweit.de

Fotos: © freepik.com/zsuriel, Alicia Stickel, pixabay.com/Darvin Santos