Weniger ist mehr! Bioland-Betrieb im Münstertal Land & Leute | 08.09.2020 | Liliane Herzberg

Bioland Riesterer

Familie Riesterer kennt ihre 85 Rinder im Münstertal alle namentlich. Die Philosophie in ihrem Bioland-Betrieb lautet: Wertschätzung statt Masse. 2019 wurde Thomas Riesterer zu einem der drei besten Biolandwirte im deutschsprachigen Raum gekürt.

Thomas Riesterer ist auf dem Schindelmatthof geboren. Damals noch ein Milchviehbetrieb, produziert der Landwirt und Metzger heute mit seiner Frau Fleisch aus tiergerechter, ökologischer Landwirtschaft. Sein Weg dorthin führte ihn zunächst in ganz andere Gefilde. Ein großer Brand auf dem Hof im Jahr 1996 trennte die familiären Wege. Der heute 41-Jährige machte sich selbstständig und gründete sein eigenes Geschäft, die „Soundgarage“ in Müllheim. „Erst als mein Vater starb, wurde ich wieder hierher gespült. Nach einigen Überlegungen habe ich 2015 den Betrieb, als er am absoluten Tiefpunkt war, übernommen und alles verändert, ausgebaut und die Rasse umgestellt“, erinnert sich Riesterer. Heute tummeln sich auf seinen Weiden rund 85 Limousin- und Fleckvieh-Rinder sowie Kreuzungen der beiden Rassen. Die Sommermonate verbringen die Tiere auf der Weide, die Kälber gemeinsam mit ihren Müttern, in der Winterzeit sind die Tiere im Laufstall.

Mitten im idyllischen Münstertal liegt der Schindelmatthof der Familie Riesterer.

„Wir sind ein reiner Dauergrünlandbetrieb ohne Ackerbau. Der Pflanzenbestand ist aufgrund unserer Höhenlage sehr kräuterreich und daher energieärmer als weiter unten. Durch die natürliche Ernährung mit Gras und die Zeit, die ich den Rindern gebe, zu wachsen, hat das Fleisch eine ganz besondere Qualität“, schwärmt der Familienvater. Mutterkühe werden auf dem Bioland-Betrieb durchaus 15 bis 20 Jahre alt, ein Weiderind etwa zwei Jahre. Den zweiten Sommer verbringen die Tiere noch in der Herde auf der Weide, ehe sie dann geschlachtet werden.

Der Transport zum Metzger in Bad Krozingen bedeute für die Tiere keinen Stress, da sie das Fahren im Transporter gewohnt seien. Immerhin müsse er sie oft auch zu den Weiden fahren, da diese nicht alle in direkter Nähe zum Hof liegen, so der Landwirt. „Ich fahre immer selbst, und die Rinder sind meist zu zweit im Transporter. Wir holen das Fleisch dann in Hälften oder Vierteln in unserem mobilen Reiferaum wieder her, und ich bearbeite es hier auf dem Hof in unserem Zerlegeraum. Nur so kann ich die Transparenz für meine Kunden aufrechterhalten.“

Bewusster Fleischkonsum

Transparente Produktionsprozesse sind der Familie Riesterer sehr wichtig, ihr Vermarktungskonzept ist außergewöhnlich. So wird ein Tier erst dann geschlachtet, wenn es vollständig verkauft ist. Das System läuft über Vorbestellungen. Jeden Samstag im Winterhalbjahr können die Kunden dann auf den Schindelmatthof kommen und ihre Produkte abholen. Das Ehepaar Riesterer setzt viel daran, dass die Wertschätzung ihrer Nutztiere sich beim Konsumenten fortsetzt, nach dem Motto: Weniger ist mehr. „Wir haben keine Preise auf unserer Homepage, wir wollen, dass es nicht nur ums Geld geht, sondern um bewussten Fleischkonsum“, erklärt Anke Riesterer den Gedanken hinter dem Konzept. Für die Idee und deren Umsetzung wurde Thomas Riesterer aus 240 Bewerbern in der Kategorie Biolandwirt des Jahres 2019 beim CeresAward als Finalist ausgewählt. „Das Feedback bestätigt uns und unsere Arbeit. Dass wir zu den besten drei Biolandwirten im deutschsprachigen Raum gehören, ist wirklich ein Ansporn“, erklärt er stolz. Und: „Dieses Jahr haben wir noch die Auszeichnung ‚Organic Farm of the Year 2020‘ mit dem Munich & South Germany Prestige Award verliehen bekommen“, erzählt Anke Riesterer stolz.

Familie Riesterer

Valentin Riesterer geht mit seinem Papa bereits auf Entdeckungstour zu den Rindern.

Es ist der Idealismus, der das junge Paar antreibt. „Unser Stundenlohn ist verhältnismäßig gering, wir haben keinen Urlaub, keine festen Arbeitszeiten, unser Tag startet oft um sechs Uhr und endet abends um halb zehn“, berichtet Anke Riesterer. Aber wenn sie sich ihre Wohngegend, die Tiere und Möglichkeiten anschaue, die sie hätten, ihre Philosophie umzusetzen, dann lohne es sich allemal, erklärt sie. Und ihr Mann stimmt ihr zu: „Ich würde sagen, auch wenn uns unser Leben hier oben oft bis an die Belastungsgrenze fordert, überwiegen für uns dann doch die schönen Momente.“

Fotos: ©  Julia Rumbach