„Alle am Schwitzen“ – Die Band Elektrosauna will vielfältig aufmischen Musik | 22.03.2025 | Till Neumann

Mögen es wild (von links): Carlo Borth, Friedrich Hecking, Joshua Dorn, Vincent Fuchs, Muriel Herth und Johannes Niemann Mögen es wild (von links): Carlo Borth, Friedrich Hecking, Joshua Dorn, Vincent Fuchs, Muriel Herth und Johannes Niemann

Harter deutscher Indie aus Freiburg“. So nennen die sechs Musiker*innen der Newcomerband Elektrosauna ihren Sound. In der Sauna haben sie sich nicht kennengelernt. Aber ihre Shows sollen die Menge zum Schwitzen bringen.

„Jetzt ist alles am Schwimmen und nichts am Untergehen.“ Das singt Johannes Niemann in „Schwimmen“. Es ist nur einer von zwei Songs, die von der Band auf Spotify zu finden sind. Aber schon jetzt ein Lied, das etwas Eigenes hat. Verträumt, melancholisch und ungeschliffen.

Zuletzt machte die sechsköpfige Formation in Freiburg häufiger von sich reden: Im Sommer rissen sie beim Vauban Sommerfest mit. Im Dezember standen sie bei den Unicorn Sessions im Ruefetto auf der Bühne. Ende Februar enterten sie das Finale des Freiburger Bandcon­tests „Die Rampe“.

Auf der Bühne sieht man eine Truppe, die Bock hat auf Live-Ekstase und ihr Publikum findet. Mit einem wilden Mix aus melodischem Indie und kreischenden Gitarren. So auch im zweiten veröffentlichten Track „Richter“. Er zeigt die fauchende Seite der Gruppe mit einem Text über Depressionen. Ein Richter spricht dort mit einem Angeklagten über Drogen und Zahnpasta.

Wie die Band entstanden ist, erzählen Sänger Johannes Niemann (24) und Gitarrist Joshua Dorn (23) im Videocall mit dem chilli Mitte Februar. Ihr Ursprung liegt an der Pädagogischen Hochschule. „Das Ganze hat angefangen als ich, Bassist Carlo und Gitarrist Winnie uns dort im Musiklehramtstudium kennengelernt haben“, erinnert sich Niemann. Alle spielten in der Bigband und haben als Studienprojekt Songs von „The Doors“ gecovert.

Das hat so gut funktioniert, dass sie Lust auf mehr hatten. Eins kam zum anderen. „Ich habe den guten Carlo im PH-Musiktrakt im Keller gesehen. Er machte Musik und sah cool aus. Also habe ich ihn angesprochen“, berichtet Joshua Dorn. Auch Sängerin Muriel Herth kam unverhofft dazu und sagt: „Die Chemie, der Humor und, am wichtigsten, die Musik haben gepasst – ich war dabei.“

Mit einem Auftritt im KuCa der PH ging es Anfang 2024 los. Kurz vorher einigten sie sich auf ihren Namen. „Ein Kumpel von mir hat reiche Eltern und eine Sauna“, erzählt Niemann. Dort hätten die beiden an einem alkoholgetränkten Abend voll Bock gehabt, Techno zu hören. Also nannten sie sich die Elektrosauna. Sein Vorschlag, auch die Gruppe so zu betiteln, habe sich dann aus Mangel an Alternativen durchgesetzt.

  Live im Jazzhaus: Beim Songcontest Die Rampe holten sie im Februar den 2. Platz.

Live im Jazzhaus: Beim Songcontest Die Rampe holten sie im Februar den 2. Platz.

Mit der Gründung haben sie sich selbst beschenkt: „Es war ein lang gehegter Traum, eine Band zu haben, eigene Lieder zu schreiben und damit Spaß zu haben.“ Einfach herrlich sei es, etwas zu offenbaren und zu merken, dass die Leute damit etwas anfangen können. „Ein geiles Gefühl.“

Das teilen sie als Kollektiv, beschreibt Sängerin Herth: „Bei Elektrosauna ist jeder gleich viel wert.“ Gerade auch beim Songwriting. „Ideen werden frei geteilt und bleiben offen für Vorschläge von anderen.“ Wie sie die Musik beschreiben würde? „Bunt, frei, experimentell und vor allem ehrlich.“

Rund 15 Shows haben sie 2024 gespielt. Am meisten bewegt hat sie der Auftritt beim Vauban Sommerfest. „Das war richtig krass, eine Wahnsinns-Stimmung“, erinnert sich Niemann.

Zwölf Songs haben sie im Repertoire. Weitere sind am Entstehen. Ab April wollen sie ins Studio. Eine EP soll noch dieses Jahr erscheinen. Dennoch sehen sie sich vor allem als Liveact. „Einige Lieder, die live extrem gut funktionieren, nehmen wir nicht auf“, sagt Dorn. „Weil sie beim Recording einfach nicht die gleiche Energie haben.“ Man könne im Studio nicht erzeugen, was auf der Bühne kreiert werde. Für Dorn ist es ein wunderbares Gefühl, dort zu stehen und zu sehen, was passiert: „Wie der Raum abgeht, alle sind am Schwitzen, an den Wänden ist Kondenswasser.“

Das wird zelebriert. „Musik ist die schönste Sache auf der ganzen Welt“, betont Niemann. Sie sei in ruppigen Zeiten immer ein Anker gewesen. „Ein wunderschönes Gefühl, diese Erfahrung mit so geilen Leuten zu machen.“ Für hohe Temperaturen braucht es dann nicht mal eine Sauna.

Fotos: © Matthias Borth, Till Neumann