„Groove und Gespür“: Jazzkünsterlin Neele Pfleiderer bekommt ZMF-Preis Musik | 25.06.2022 | Till Neumann

Porträt: Neele Pfleiderer Hat ein Faible für komplexe Rhythmen: Sängerin und Komponistin Neele Pfleiderer

Nicht nur Musikerkollegen schwärmen von ihr. Auch die Macher des Zelt-Musik-Festivals (ZMF) sind begeistert: Die Freiburger Jazz-Sängerin und Komponistin Neele Pfleiderer erhält im Juli den ZMF-Preis. Der 39-jährigen Künstlerin könnte das neue Wege für ein Großprojekt öffnen.

„Ziemlich fassungslos“

Sie singt in fünf Formationen, komponiert Songs, unterrichtet Gesang. Neele Pfleiderer tanzt auf vielen Hochzeiten. Dennoch war es zuletzt aus familiären Gründen etwas ruhiger. Dieses Jahr rückt sie dafür verstärkt ins Rampenlicht. Am 24. Juli erhält sie den ZMF-Preis – und wird mit dem Philharmonischen Orchester eigene Songs bei der Gala präsentieren.

„Ich war ziemlich fassungslos“, erzählt Pfleiderer. Festivalgründer Alexander Heisler hatte sie angerufen und anfangs noch etwas rumgedruckst. Irgendwann sei ihr klar geworden, dass es wichtig ist. Eine „schöne Würdigung“ ihrer Arbeit sei der Preis. Die Freude ist riesig.

Soloprojekt im Stand-by

Pfleiderer singt im Freiburger Jazzchor, ist Teil des Trios Mimanée und des Contemporary Big Band Projects (CBBP). Außerdem arbeitet sie im A-cappella-Bereich und in weiteren Kollabos. Im Stand-by ist ihr Hauptprojekt Neele and the Sound Voyage.

Die gebürtige Lörracherin ist bei Müllheim aufgewachsen. Musik studierte sie in Luzern und Basel. Seit 2015 ist sie wieder in Freiburg. Als lebensfrohe Nomadin bezeichnet sich die Sängerin: Mit dem Jazzchor spielte sie in Fukushima und trat beim Eurovision Songcontest der Chöre vor 10.000 Leuten in Riga auf.

Leidenschaftlich: Neele Pfleiderer sang vor 10.000 Zuschauern beim Eurovision Songcontest der Chöre.

„Keine dieser arroganten Sängerinnen“

Starallüren sind ihr dennoch fern. „Sie ist keine dieser arroganten Sängerinnen auf der Bühne“, sagt Pianist Will Bartlett, „sondern einfach jemand, der sich ins Musikmachen vertieft.“ Auch Stefan Merkl vom CBBP sagt: „Der Preis ist absolut verdient.“ Pfleiderer singe genreübergreifend stilsicher und könne alles, von leisen Tönen bis zum Belting (schmetternd). Bartlett hat sie bei einer Jamsession in der Freiburger Bar „Funkeneck“ kennengelernt: „Sie hatte einen Sinn für Groove und rhythmisches Gespür.“ Er wollte direkt mit ihr zusammenarbeiten.

Pfleiderers Leidenschaft hat sich früh entwickelt: „Zu Hause war Musik omnipräsent.“ Ihr Vater war Berufsmusiker, spielte Gitarre und komponierte. Mit ihm sang sie im Duett. Eigentlich wollte sie im Bereich Schauspiel und Tanz arbeiten. Doch wegen hoher Aufnahmehürden entschied sie sich für Musik.

„fasziniert von schrägen Harmonien“

Heute lebt sie ihren Traum: „Ich singe gerne Pop und Soul, aber bin fasziniert von schrägen Harmonien und komplexen Rhythmen.“ Gute Musik sei die, die von Herzen kommt.

Mit den 2500 Euro Preisgeld möchte sie wieder verstärkt als Bandleaderin arbeiten. Das heißt: mehr eigene Songs schreiben und damit touren. Aktuell arbeitet sie mit Bartlett an einem Alemannisch-Projekt. Tradition will die Sängerin so am Leben halten. Ihr Talent wird schon am 26. Juni im Jazzhaus zu hören sein. Dann releast ihr Jazz-Trio Mimanée sein erstes Album.

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Foto: © Ellen Schmaus & Jazzchor Freiburg

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