„Mega unterschätzt“: Larissa Leaves ist Freiburgs außergewöhnlichste Ukulele-Spielerin Musik | 12.02.2025 | Till Neumann

Lässt sich von ihrer Ukulele immer wieder überraschen: Larissa Leaves Lässt sich von ihrer Ukulele immer wieder überraschen: Larissa Leaves

Den Ukulele-Hit „Somewhere over the Rainbow” kennt fast jeder. Dass das kleine Instrument deutlich mehr hergibt als eingängige Melodien, zeigt Larissa Leaves. Die Freiburgerin tritt mit Loopstation auf und setzt die Mini-Gitarre auch als Trommel ein.

Fast am 6/8-Takt verzweifelt

Eine Band braucht Larissa Leaves nicht. Sie lässt einfach das Publikum den Rhythmus klatschen, trommelt dazu auf der Ukulele, nimmt das mit einer Loopstation auf und spielt dazu auf den Saiten. Die Begeisterung ist groß, zum Beispiel bei ihrem Auftritt im Oktober bei „Poesie & Popcorn“ im Vorderhaus Freiburg.

Die 27-Jährige spielt, performt, erzählt. Zum Beispiel, wie sie beinahe an einem 6/8-Takt verzweifelt ist – ihn nach Monaten aber endlich mit Hilfe von Raphael Kofi vom African Music Festival Emmendingen geknackt hat. Den Song dazu bringt sie gleich danach. Mitreißend ist das. Und überraschend.

 Performt und strahlt: Larissa Leaves auf der Bühne

Performt und strahlt: Larissa Leaves auf der Bühne

„Neue Sachen rausholen“

Man könnte sagen: kleines Instrument, große Kunst. „Auch mich verblüfft die Ukulele einfach immer wieder“, sagt Leaves. „Mega unterschätzt“ werde die kleine Gitarre. Bekannt gemacht haben sie Welthits wie „Somewhere over the Rainbow“ vom Hawaiianer IZ oder „Riptide“ von Vance Joy. Da treffen tolle Stimmen auf feinfühlige Klänge. Doch die Freiburgerin will ihren eigenen Weg gehen: „Meine Challenge ist, neue Sachen aus der Ukulele rauszuholen.“ Das Instrument fordere sie krass, gebe aber gleichzeitig auch viel zurück.

Bauchgefühl ist das A und O für Leaves. Sie hat in ihrer Kindheit in der Nähe von Würzburg Klavier gelernt, sich aber wenig Fachwissen angeeignet: „Ich bin unfassbar schlecht in Musiktheorie.“ Sie arbeite daher vor allem über ihr Gehör. Ein zweiter Eckpfeiler sind Weggefährt·innen. „Es sind super viele Menschen um mich herum, die viel Inspiration geben.“ Vorbild ist auch Reggae-Sänger Gentleman. Mit ihm hat sie Sommer 2024 sogar kurz jammen können.

„Richtig da, wo ich stehe“

Seit 2018 ist sie in Freiburg und hat sich gut vernetzt. Im Latino-Trio „Cuatrio“ spielt sie mit den Chilen·innen Susana Schnell und Tatán González Luis von El Flecha Negra. Beim Chor Soulfamily ist sie mit dabei. Mit ihrer Mitbewohnerin Anna M.lion arbeitet sie als Duo. Dazu gibt es Soloprojekte und Auftritte im In- und Ausland.

 

Die Ukulele ist Passion und Nebenerwerb. Als Heilpädagogin arbeitet Leaves und unterstützt dabei Menschen mit Traumastörungen. Zudem hat sie einen Teilzeit-Remote-Job in der Wissenschaft. Ändern möchte sie das nicht. „Ich bin genau richtig da, wo ich stehe“, sagt Leaves und lacht. Herzlich und zugewandt wirkt ihre Art. Bodenständig obendrein: „Ich brauche einen Fuß auf dem Boden.“ Dabei gewinnt sie mit ihrer Art Musik zu machen viele Herzen. „You are such an amazing performer. I can feel your vibe through the screen!, schreibt eine Userin unter einem ihrer Instagram-Videos.

Auch Musikerkollegin Susana Schnell ist angetan: „Larissa ist eine Seele von Mensch, die es schafft, andere anzuschauen und sie wissen zu lassen, dass sie das Beste sind, was sie haben.“ Energie und Emotionen zeichneten ihre Musik aus. Der Klang ihrer Ukulele sei einzigartig und ihr Spiel komme aus dem Bauch. „Es ist unmöglich, sich nicht in sie zu verlieben, wenn man mit ihr Musik macht.“

Der Nägel-Gag

Ein Grund dafür ist vielleicht auch Humor. Für ihr Spiel hat Leaves nur an einer Hand modellierte Nägel. Wenn sie jemand fragt, warum das so ist, antwortet sie einfach mal: „Ich habe die andere Hand vergessen.“ Dass ihr das Leute glauben, findet sie absurd. Dennoch ist sie manchmal auch erschöpft davon, ihr Instrument immer wieder zu erklären.

Wie sie genau auf die Ukulele kam, kann sie sich nicht erklären. Aus einer Musikerfamilie kommt sie nicht. Eines Tages hatte sie das Instrument in der Hand – und hat es nicht mehr losgelassen. „Ich wollte meine Nische finden“, betont Leaves. Und ihr Herz schlägt für Rhythmus. Jetzt versucht sie beides zu verbinden und lässt sich treiben von Begegnungen mit anderen Musiker·innen. Sie geben ihr Input und motivieren sie, neue Dinge auszuprobieren.

„Eine Achterbahnfahrt“

Rund 20 Shows hat sie 2024 gespielt. Ein Highlight war ein Auftritt im Jazzhaus mit einer Multikulti-Truppe beim Tag der Migrant·innen. Kulturen und Musikstile sind da aufeinandergeprallt. „Das war der Hammer“, schwärmt Leaves.

Als Nächstes steht ein Album an. Es heißt „This kitchen is for dancing“. Die erste Single „Awula“ kommt am 14. Februar. „Das wird eine Achterbahnfahrt“, sagt Leaves. Wenn sie nicht aus den Steilkurven fliegt, könnte die sie ein ganzes Stückchen weiter nach oben tragen.

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Fotos: © Ronny Barthel, Frank Kloten