»Fast wie eine Behörde«: Unterwegs mit zwei Freiburger Foodsavern Nachhaltigkeit | 18.04.2025 | Till Neumann

Lebensmittel vor der Tonne retten. Das machen Stephan Monecke (35) und Mercedes Küffner (47) schon seit Jahren. Sie sind zwei von 3500 Menschen, die als Foodsaver·innen in Freiburg täglich tonnenweise Brötchen, Karotten und Co. vor dem Müll retten. chilli-Redakteur Till Neumann hat sie einen Abend lang begleitet.
Pionierin in Freiburg
Mittwoch. 19.30 Uhr. Auf dem Supermarkt-Parkplatz ist Ruhe eingekehrt. Während sich die Belegschaft auf den Feierabend vorbereitet, geht der Einsatz der Lebensmittelretter erst los: Mercedes und Stephan warten mit Ikea-Taschen, einer Thermobox und einem Rucksack entspannt auf ihren Einsatz.
Beide sind seit mehr als zehn Jahren dabei. Und drei- bis viermal die Woche im Einsatz. Stephan hat mit dem Foodsharing in Göttingen angefangen. Seit einiger Zeit ist er im Breisgau. Mercedes war eine der ersten Foodsaverinnen in Freiburg, lebte damals im Wohnprojekt Susi in der Vauban. Sie startete, „als die Welle 2014 von Berlin nach Freiburg geschwappt ist“.
Tausende Brötchen

Auch Pilze gibt’s heute zuhauf zum Mitnehmen.
Was lose begann, ist heute aufwendig geplant. „Wir sind organisiert, fast wie eine Behörde“, sagt Stephan und lacht. Rund 3500 Menschen sind in Freiburg als Foodsaver·innen registriert. Rund 2000 sind regelmäßig aktiv. 550 Abholungen gibt es pro Woche bei rund 140 Kooperationspartnern, Supermärkten, Bäckern, Kitas, dem SC … „Überall da, wo Essen übrig bleibt“, sagt Stephan.
Das Schwierigste? „Zu lernen, mit der Überforderung klarzukommen“, erklärt Stephan. Denn oft sei viel zu verteilen. Mal sind es Tausende Brötchen nach einem Sportevent, mal 150 Salatköpfe, mal kiloweise Suppe. Die Foodsaver·innen bringen es zu Verteilstationen, zu Bekannten oder zu Einrichtungen für Bedürftige wie die Oase, eine Unterkunft für Obdachlose. Und natürlich können sie auch ihren Privatbedarf decken.
Packen mit Handschuhen
Punkt 20 Uhr. Jetzt gehen die beiden in den Bio-Supermarkt. Dort identifizieren sie sich mit ihren Foodsharing-Ausweisen und beginnen zu packen. Es liegen am Ausgang unzählige Brote, Brötchen, Karotten, Orangen und vieles mehr bereit. Stephan zieht Gummihandschue an und packt die Backwaren routiniert in seine blauen Ikea-Taschen. Mercedes kümmert sich um Obst und Gemüse.

Sehnlichst erwartet: Stephan am Fairtteiler in der Vauban
Im Notfall die gelbe Karte
Dann notieren sie die Mengen in einem grünen Leitzordner. „Pünktlich und zuverlässig sein ist wichtig“, erklärt Stephan. Wer sich für eine Schicht eintrage, tue das verbindlich. Nicht zu erscheinen, könne mit einer gelben Karte geahndet werden. Foodsharing ist organisiertes Engagement.

Brot noch und nöcher: Teil der Ausbeute heute
Dass so viele Betriebe und Einrichtungen mitmachen, ist hart erarbeitet. „Wir sprechen die Läden direkt an“, so Mercedes. Neben Argumenten wie Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung geht es auch um Geld. Schließlich sparen Firmen, wenn sie weniger Müll haben.
Oft gibt’s ein Lächeln
Nach dem Packen geht’s zum „Fairteiler“ in der Vauban, einem von 18 im Stadtgebiet. Hier warten mehrere gespannt auf die Lieferung. „Das ist jeden Abend so“, sagt Stephan und legt Brote ins Regal. Ihm geht es wie Mercedes: Sie tun es für die gute Sache. Aber auch, weil das Engagement spannende Begegnungen möglich macht. Und oft mit einem Lächeln belohnt wird.
Schon am Folgetag geht’s für Stephan im Foodsharing-Café am Grethergelände weiter. Dort gibt es jeden Donnerstag und Freitag kostenloses Foodsharing-Essen für alle, die möchten. Die Stadt Freiburg würdigt das: Sie hat das Café kürzlich mit dem Klimapreis Climate First ausgezeichnet.
Zu schade für die Tonne: Wie Freiburger Lebensmittel retten und teilen